Von dem ambitionierten Haus für Whiskey, Gin und Rum, an das Brenner David Gölles gerade letzte Hand anlegt, war hier ja schon die Rede. Nach den Whiskeys haben wir im Folgenden die Rums verkostet, allerdings sei eine technische Bemerkung vorangestellt. Denn die meisten heimischen Brenner beziehen ihre Melasse aus Asien, karibisches Rohmaterial ist teuer und in den kleinen Mengen, die man hierzulande braucht, kaum zu beziehen. Gölles denkt groß und hat unlängst erst 20 Tonnen Melasse aus Paraguay erhalten. Rum wird bereits länger gebrannt bei den Südost-Steirern, doch stets kam Rohstoff aus Mittel- oder Südamerika zum Einsatz. Der Vorlauf (ha, Wortspiel!) dieses Projekts ermöglichte eine Rum-Range mit fünf sehr unterschiedlichen Abfüllungen.
Als Patron wachen dementsprechend Pirat Ron und Erzherzog Johan (mit einem „N“) über die karibisch-österreichische Liaison im Brennkessel. Leichte Süße als Zugeständnis an den hiesigen Rumgeschmack und ein steirisches Fass für eine der Abfüllungen stellen den Austro-Anteil dar. Doch beim Brennstil wird eindeutig Kurs auf die Karibik genommen. Aye, Captain Ron!
Riecht ein Rum wie Weißbier, nur deutlich vielschichtiger, dann sind die Ester im Spiel. High Ester-Rums sind die halbe Miete, was Duftigkeit betrifft und wer derlei mag, sollte sich den „Ron Johan White Rum“ vormerken. Limette in Reinkultur und gegrillte Ananas sorgen für Tropenfeeling, made in Riegersburg. Süß im Antrunk – 1% Zucker bzw. 10 Gramm Zucker pro Liter wurde ehrlicher Weise zugefügt – kommt gleich einmal die Grüne Banane fast plastisch zum Vorschein. Der saftige Schluck vom 40%-igen Rum ergibt eigentlich schon einen Ti Punch-Cocktail: Süße, Limetten-Aromatik und weiße Schokolade sind alle schon da beim weichen Einsteiger in die Welt von „Ron Johan“.
Ein Spezialprodukt, das vor allem Bartender freuen wird (jeder Tiki-Drink braucht einen hochprozentigen Rum, auch Overproof genannt), stellt der 64% Alkohol starke Gölles-Rum dar. Der „Johan Overproof Rum“ erinnert an gegrillte Ananas, hat aber auch etwas von der herben grünen DNA der Limetten abbekommen. Kokos wie in einem „Raffaello“ steht ebenfalls zu Buche, wie die Limette findet man diese Note auch im Mund wieder. Erstaunlich wenig Druck oder gar brennender Alkohol ist zu spüren. Mit Wasser aufgeschlossen, geht der Overproof vielmehr auf wie eine „Toblerone“ für Erwachsene, immer cremiger und schmelziger wird der Schoko-Anteil am Geschmack dann. Mixologen, aufgepasst, kann man hier nur sagen.
Im ersten „Dark Rum“ aus der Johan-Serie verbinden sich die Melasse-Rums unterschiedlicher Brennjahrgänge und auch Rohstoff-Provenienz (Nicaragua, Barbados, Brasilien, Dominik. Republik) zu einem gefälligen Ganzen. Nougat pur schlägt hier in der Nase zu, auch etwas Rosine ist zu erschnuppern. Für’s „easy drinking“ (© Gölles) gedacht, hat er am wenigsten Kanten im Quintett und erinnert in seiner gefälligen Art an süßere Vorbilder aus der Karibik.
Altes Schnapsfass und Jamaika-Brennstil
Doch auch im Segment der dunklen Rums wartet viel Charakter: An deutlichsten wird das bei der hochprozentigen Hommage an die Vorarbeiten von Vater und Destillateur Alois Gölles. Dessen Flaggschiff-Brand „Alte Zwetschke“ reift bekanntlich im Fass und genau in ein dermaßen würdig – und aromenstark – vorbelegtes Gebinde durfte der „Old plum rum“. Der süßliche Duft entpuppt sich in zweiter Lesung klar als Zwetschkenröster, auch etwas dunkler Schoko-Guss gesellt sich dazu. Wirklich eigenständig wird es dann am Gaumen, wo sich zur prononcierten Zwetschken-Aromatik (ein Jahr reifte der Rum im Gölles-Fass) Kokosraspel, Nougat und eine deutliche Süße gesellen. Faszinierend ist die Verbindung dieser Aromen, die an eine Trauben-Nuss-Schokolade in flüssiger Form oder eine Rum-Praline mit Dörrzwetschke denken lassen. Wo etwas beginnt oder endet von diesen Eindrücken, ist unklar, aber hier entsteht eine karibisch-steirische Melange, die findige Wirte hoffentlich zum Espresso servieren.
Gemessen wurde der Ester-Gehalt bei allen Fünf zwar nicht, aber wer je einen Rhum agricole oder einen Jamaica-Rum im alten Stil schon mal gerochen hat, dem wird beim letzten „Ron Johan“ einiges bekannt vorkommen. Denn am deutlichsten wird das breite Aromen-Spektrum beim „Strong Rum“, der bewußt in der Destillation „dreckiger“ gehalten wurde – also auch volatile Komponenten bewusst zum Herzstück dazu nimmt. Der jamaikanische Stil wird auch dezidiert als Vorbild von David Gölles (kl. Bild links) genannt. Entsprechend lang wird die Liste schon bei den Duftnoten des mit 55,1% Alkohol gefüllten Fass-Stärken-Steirers: Waldhonig, Nougat, Braune Banane, Limetten und Mandelmilch. Der Kostschluck ist weit zugänglicher, als es die schnöde Zahl am Etikett vermuten lässt.
Brauner Zucker und Milchkaffee bekommen aber einen Begleiter zugesellt, der den „Johan“ um eine Karamell-Note erweitert, als hätte man sie aus einem „Mars“-Riegel gesaugt. Die Süße der Melasse rinnt hier träge und kräftig über den Gaumen. Das nächste Segelschiff wird wohl ohne uns fahren müssen….
Bezugsquelle:
Ron Johan, „White“ ist um EUR 29,90 (0,7 Liter-Flasche) erhältlich, der „Overproof“ um EUR 33,90, „Dark“ kostet EUR 39,90, der Rum aus dem Zwetschkenbrand-Fass „Old plum Rum“ ist um EUR 44,90 und zuletzt der „Strong“ im Jamaica-Stil EUR 54,90, alle im Gölles-Webshop, https://shop.goelles.at