Weinhändler. Noch dazu Engländer. Sie standen am Beginn eines der ikonischsten irischen Whiskeys. Doch was wahr ist, muss wahr bleiben. Und so schildert Tommy Byrne die Geschicke der Gilbeys, die als „bonder“ ihre geleerten Sherry- und Weinfässer an die Dubliner Brennereien verkauften. Längst wurde dieses Business der Gilbeys obsolet, doch als „Redbreast“ Anfang des letzten Jahrhunderts erstmalig gefüllt wurde, standen eben noch John Jameson (ja, der von Jameson Whiskey!) und W&A Gilbey’s gleichberechtigt am Etikett. Nicht zuletzt war es auch die verblichene Wein-Firma, die für das Rotkehlchen als Namensgeber sorgte. Denn der Chairman soll ein Ornithologe vor dem Herrn gewesen sein – und der rötliche Schimmer der Sherry-Fass-gelagerten Whiskeys erinnerte ihn eben an die rote Brust des Rotkehlchens.
Und den Whiskey dieses Namens gibt es immer noch und er hat auch die Krise des irischen National-Getränks in den 1960er Jahren – mit der Fusion der letzten drei großen Player – überdauert. Destilliert wird Redbreast dreifach und gereift in einem Mix aus ehemaligen Bourbon-Fässern und Sherry-Butts. Und zwar bei Jameson in Midleton im County Cork, wo sich auch die irische Whiskey Academy befindet, die den Schauplatz der Verkostungen mit „WhiskeyTommy“ Byrne abgab.
Kennt man einen der „Redbreast“-Whiskeys, dann ist es mit großer Wahrscheinlichkeit der beliebteste Irish Pot Still überhaupt: Denn deutlich mehr als 50% der Produktion (präziser wollte Mr. Byrne nicht werden) macht der „12 years“ aus. Sein Duft kombiniert Roten Apfel mit Datteln, Amarettini – die mandelige Note ist ein Sherry-Fass-Charakteristikum – und Nougat. Der Auftritt repräsentiert den zugleich schwereren, aber auch sanften irischen Stil gut. Lebkuchen fällt einem zu der eindringlichen Gewürzmischung aus Piment und Gewürznelke ein. Man kann aber auch an Spekulatius-Kekse denken, bis im Finish dann aus der Apfel-Fruchtigkeit auch ein Touch Gerbstoff merklich wird.
Wem das zu schmeichelnd klingt: Es gibt auch eine betont würzigere Fass-Stärke mit 56,2%. Hier sind die Nüsse spürbarer am Gaumen, aber auch ein weitaus pfeffrigeres Tönchen im Abgang vorhanden.
Den Jüngsten im Rotkehlchen-Nest von Midleton stellt der „Lustau“ dar. Der Whiskey mit der Verbeugung vor der Sherry-Bodega hat maximal elf Jahre altes Destillat in der Flasche aufzuweisen. Der Name allerdings ist Programm, denn ein ganzes Jahr verbringt er im Oloroso-Fass. Das ergibt eine anheimelnde Mischung aus Zitrusfrüchten und Nüssen, die sich der Nase der Reihe nach als Orange, Pfirsich, Mandarine und Haselnuss präsentieren. Der Früchte-Mix am Gaumen lässt an Kletzenbrot denken, vor allem die Aranzini kommen deutlich durch. Wie es sich für einen Sherry-geprägten „dram“ gehöt, sind auch nussige Einflüsse da. Sie werden aber durch den Milchschoko-Bergamotten-Schmelz abgelöst, der für ein süßes Finale sorgt. Wie flüssige „Pimm’s Cake“ rinnt der „Lustau“ die Kehle hinab. Und zumindest Deutschsprachige können dazu sagen „nomen est omen“.
Der Golfstrom im Whiskey: Tropenfrüchte aus Cork
Dass das mit den Eichen (US-quercus Alba im Bourbon-Fass oder doch mehr europäisches Holz?) einen Unterschied macht, merkt man schnell, wenn der „15 years“ ins Glas kommt. Hier war es quercus robur und die europäischen Fässer bringen Noten mit, die man vom Weißwein kennt: Butterkeks, Vanille und Toffe gehören hier aber zu keinem Chardonnay, sondern einem Whisky, der bis zu 19 Jahre alte Anteile umfaßt. Ergänzt wird das Duftbild von gegrillter Ananas.
Sanft schleicht sich dieser wunderbare Whiskey an. Zuerst sind da die Nüsse und Mandeln des Sherry-Fasses, dann kleiden die Gewürze Piment, Hirschhorn-Salz und Zimt den Mund aus. Die Tropenfrüchte stehen da aber drüber und lassen am Ende wieder ihr breites Spektrum fühlen. Mit 46% Alkohol sind sie auch mächtig genug, dieses Muskelspiel lange zu zeigen. Für uns ist der 15-jährige „Rebreast“ ein Pot Still Whiskey, der auch Rum-Freunden taugen sollte!
Wer diesen tropischen Stil mag, der sollte auch den „21 years“ kennen. Denn ein Sackerl Haribo „Tropifrutti“ aufreisen und an diesem Whiskey schnuppern, kommt einander ziemlich nahe. Auch hier tut der Sherry sein fruchtiges Werk; dieser „Redbreast“, in dem bis zu 30 Jahre alte Anteile vermählt wurden, wurde „re-casked“. Das heißt, dass auf eine Phase im ehemaligen Bourbon-Fass eine genau berechnete Reife im Sherry-Gebinde folgte. „20 Jahre darin würde aber einen zu weinigen Typ ergeben“, erläutert Tommy Byrne. Für ein reines „Finish“ allerdings sind die Jahre, die dieser Brand mit dem Nektar von Jerez umhüllt wurde, zu lange. Doch genug der Nerd-Nomenklatur: Die Tropenfrüchte wurden schon angesprochen. Der „21 years“ duftet nach Ananas, aber auch Leder, ebenso schlingert er zwischen dem süßen Mais, der gemeinhin in Dosen wohnt, und einer Salzbrezel-Note herum.
Der Kostschluck schwemmt wieder saftigen Tropenfrucht-Mix über den Gaumen. Diesmal sind es rötliche Früchte wie Papaya und Guave, die im Mittelteil von einem malzigen Druck abgelöst werden. Das ewig lange Finale bringt dann diese Fruchtigkeit mit dem Schmelz von Schokolade und einem nussigen Ton zusammen, den man getrost der langen Zeit im Oloroso-Fass zuschreiben darf. Oder dem Einfluss eines Rotkehlchens.
Bezugsquelle:
Redbreast, der „12 years“ ist um EUR 43 erhältlich, die „Lustau Edition“ um EUR 53; der „15 years“ kostet EUR 70 und der „21 years“ ist um EUR 134 zu erwerben – alle bei Weisshaus, www.weisshaus.at