Ist das jetzt schon eine Tradition? Zum zweiten Mal mutierte der Leberkas-Willi in der Josefstädter Straße zum Bier-Labor. Und wir haben gelernt aus dem Vorjahr mit seinen 48 Kostdurchgängen: Es gab weniger Biere im Achten Bezirk. Dafür aber die gleiche Fragestellung: Welches Craft Beer paßt am besten zum Austro-Snack?
Zwei Sorten, gemäß der Leberkäse-Orthodoxie klassisch und mit Käse, standen neun Bieren aus sechs Ländern gegenüber. Gemäß der Leberkäs-Labor-Ergebnisse von 2016 hatten wir vor allem den Prototyp des Craft Biers, das India Pale Ale (IPA), weitgehend ausgesondert. Um den Forschungsbericht aus dem Vorjahr als Begründung zu zitieren: „…die hopfengestopften Varianten fuhren mit ihrer Bittere über den Fleischkäse drüber, dass wir nur so schauten“. Vielfalt brachten aber dennoch Extrem-Biere mit Milchsäure-Bakterien (zwei Sauerbiere umspülten den Leberkäse), aber auch ein Mitbringsel aus Estland, das mit 9% Alkohol stärkste Bier, in die Versuchsanordnung. In alphabetischer Reihenfolge wurden jeweils mit klassischem Leberkäse und Käsleberkäs (vom Pferd) folgende Biere verkostet:
- Anderson Valley, „Holy Gose“ (USA)
- Bierviertel, „Cuvée” (Österreich)
- Gusswerk, „fuxn“ (Österreich)
- Lehe, „Barn Oven“ (Estland)
- Mohren-Brauerei, „Export” (Österreich)
- Stone Brewing, „Arrogant Bastard Ale“ (Deutschland)
- Stone Brewing, „Cali Belgique“ (Deutschland)
- To Øl, „Sur Amarillo“ (Dänemark)
- Velkopopovický Kozel „Premium“ (Tschech. Republik)
Die Testerinnen Susanne Skale und Daniela Wiebogen von Wine & Partners sorgten für ein fundiertes Geschmacksurteil im Fleischkäse-Laboratorium. Als Novität hatten die Dosenbiere die Überhand; in zwölf Pairings kam die flüssige Begleitung aus dem Alu-Mini-Fass. Für ein Amalgam aus Craftie-Hipstertum und Würstelstand-Nostalgie war durch die „Bleche“ gesorgt, aber wie schlug sich ihr Inhalt?
Wie bei wissenschaftlichen Ergebnissen üblich, stellen auch wir dem Forschungsbericht zunächst ein „Summary“ mit den Kernergebnissen voran: Das Ideal-Profil einer „Leberkäs-Biers“ wurde durch das re-produzierte Trinkexperiment jedenfalls bestätigt. Im Vorjahr notierten wir als Kriterien: „Nicht zu sauer oder bitter, zarte (!) Malzsüße, aber auch Frische muss da sein“. Vor allem der letzte Punkt sorgte für die einzige Jury-Diskussion. Denn die Gose von Anderson Valley aus Mendocino County in „sunny California“ schnitt bei den weiblichen Verkostern deutlich besser ab. Ihre zitrusfrische Art brachte sie an die Spitze bei den Begleitern des klassischen Leberkäses. Persönlich notierten wir „frischt den Gaumen auf, steht aber neben dem Leberkäse“ – die letzte Harmonie fehlte, wenngleich die zitronige Munddusche vor allem beim Käse-Leberkäs‘ willkommen war. Wer die säurige Variante nicht so präferiert, wird mit den Siegern aus der mild-balancierteren Reihe seine Freude haben.
Das Zwei-in-einem-Bier: Käse mag Kozel
Höchstbewertet in der „Käse-Liga“ wurde das tschechische Velkopopovický Kozel. Dabei funktionierte es zur klassischen Scheibe nicht so recht. Süß wie ein Weizenbier, nach ein paar Bissen aber wieder zu bitter, wollte sich keine Freude einstellen. Die Topwertung 8,7 von 10 Punkten holte sich die Dose aber zum Käseleberkäse. Das hierzulande vor allem aus Lokalen bekannte Bier hat den doppelten Ausstoß (vier Mio. Hektoliter) von Pilsner Urquell, mit dem es gemeinsam im Vorjahr ins Eigentum der japanischen Asahi-Gruppe wanderte. Österreich, so ist zu erfahren, erhält ausschließlich die etwas intensivere Kozel-Version.
Das „Premium“ hat mit 12 Grad Plato – für Nicht-Brauer: damit misst man den gelösten Extrakt vor der Vergärung – mehr Inhaltsstoffe als die Standardabfüllung „Svetly“. Ungeachtet des Brau-Lateins und Marketing-Tschechisch aber begeisterte die Halbliter-Dose mit dem Ziegenbock: Malzig schon im Duft, bringt das Bier auch am Gaumen eine schöne Süße mit. Der cremige Antrunk überdeckt den Käse nicht, deutlich sind seine würzigen Noten bis am Ende präsent. Im Nachtrunk sorgt dann die leichte Hopfennote und die Kohlensäure für Frische. Genau genommen, erweist sich das Kozel Premium als zwei Getränke – Begleit-Bier und Nachspülung – in einem!
Das Allround-Bier: Mühlviertels Newcomer punktet
Addiert man beide Wertungen, um das Allround-Bier zum Semmerl zu küren, dann steht eine österreichische Neuheit am Stockerl: Mit 16 von 20 möglichen Punkten wäre dann die „Bierviertel Cuvée“ das Leberkäse-Bier des Jahres 2017. Während der klassische LK (um einmal weniger Leberkäse in diesem Artikel zu schreiben) aus einer zart hopfigen Welle schwamm, punktete das Mühlviertler Bier beim Käse noch mehr: Die brotige Note und leicht Malzsüße paßten als Begleitung, vor allem kam am Ende noch eine Frische dazu, die der deftigen Mahlzeit gut anstand und ein wenig als „palate cleanser“ funktionierte.
Wer aber macht dieses neue Bier? Es handelt sich um eine Cuvée (oder im Bier-Sprech: um einen Schnitt) aus vier bestehenden Mühlviertler Bieren. In welchem Verhältnis Freistädter „Rotschopf“, Stift Schlägls „Kristall“ das Hofstettner „Granit“ und Karl Schiffner’s „Champion Bitter“ gemischt werden, ist allerdings geheim. Öffentlich machen wir hingegen, dass die OÖ-Cuvée bestens zu Leberkäse paßt.
Auch ein zweites Austro-Bier, die von Reini Barta im Salzburger „Gusswerk“ für die Schallmooser Gaststätte „Fuxn“ gebraute Hausabfüllung, reüssierte. Hier kam es zu einer interessanten Faktoren-Zerlegung: Während der Hopfen und eine nachhängende Bittere zum Käse-Leberkäse eher als störend notiert wurde, würzte „fuxn – Salzburger Volksbier“ den normalen Leberkäse richtiggehend. Die Malz-Süße passte hier auch vorzüglich und umspielte den Bissen im Mund wie ein flüssiges Semmerl. Die Bittere am Ende blieb hier dezenter. Das sei für die Fraktion der Hopfen-Vermeider erwähnt.
Dass wir nicht ganz falsch liegen, bestätigt die Reaktion von Fuxn-Wirt Luis Absmann auf seine Topplatzierung: „Da ich gelernter Metzger bin, kann ich die Kombination beider Produkte empfehlen“! Wir auch.
Bezugsquellen:
Anderson Valley, „Holy Gose“ ist um EUR 2,51 (0,33 Liter-Dose) bei BeerLovers erhältlich, www.beerlovers.at
Velkopopovický Kozel „Premium“ ist um EUR 0,92 (0,5 Liter-Dose) bundesweit bei Merkur erhältlich, www.merkurmarkt.at
Bierviertel, „Cuvée“ ist um EUR 7,90 (Sechser-Träger) in den Brauereien Neufeldner, Schlägl und Freistädter erhältlich, www.freistaedter-bier.at
Gusswerk, „fuxn“ ist ausschließlich in der Salzburger Volkswirtschaft zu erwerben, für EUR 2 (0,33 Liter-Flasche) zum Mitnehmen, vor Ort auch vom Faß, www.fuxn.at