Craft Beer-Boom? Da kann Jérôme Rebetez nur lachen, denn der Schweizer hat schon 1997 mit seiner Brasserie des Franches-Montagnes im Jura begonnen. „Er macht dort in den Bergen sein eigenes Ding“, meint auch der Mann im Flachland, der diese Bier nun nach Österreich bringt. Clemens Kainradl hat unter anderem das Bier im Sortiment, das Rebetez bekannt gemacht hat, weil damals Fass-Reifung noch was Exotisches war. Hinter den sieben Schweizer Bergen kratzte das niemand und erst allmählich wuchs die Fangemeinde des kauzigen Brauers, der Salbei oder Tee in den Sud gibt, wenn er sich davon aromatische Spannung verspricht.
Wie Bier vor einigen Jahrhunderten geschmeckt hat, versuchte er als „Rekonstruktion“ bei seinem „La Saison“. Das 6%-ige Schweizer Bier riecht nach säuriger Ananas, Pfirsich-Joghurt und auch etwas Quitten-Gelee. Die Laugen-Gebäck-Note, flüssige Soletti fast, sind das auffälligste Kennzeichen. Geschmacklich funktioniert es wie ein Orangenabrieb, bei dem man von der fruchtig-säuerlichen Schale zum bitteren weißen Innenschale gelangt. Doch nicht die Sauernote überrascht, sondern die nachhängende Bittere, die sich mancher IPA-Macher in ihrer Eleganz abschauen könnte. Der Aromahopfen Cascade trägt eben nicht nur zur Fruchtigkeit eines Bieres bei! Die Frische kommt durch einen Verschnitt der fass-gelagerten Charge mit jungem Bier zustande.
Erst nachdem er zum 15. Bestehen der Brauerei dieses Rezept ersann, kam Rebetez drauf, dass das belgische Saison auch früher gern als „Schnitt“ aus Alt und Neu getrunken wurde. Daher auch der Hinweis auf die Historizität des Stils. Für uns bleibt einfach ein wunderbar balanciertes Sauerbier übrig, das dieses Stil auch jenen näher bringen kann, die mit belgischen Vertretern des Stils hadern. Bien fait, Jérôme!
Matcha oder Salbei im Bier? BFM hat beides!
Als Tee-Liebhaber kann man aber auch am „La Brouette“, dem Wellness-Programm der Brauerei, wie man das 5%-ige Bier dort nennt, seine Freude finden. Der Matcha-Grüntee ergänzt hier ein Pilsner mit Heu, Kräutern und grüner Kiwi im Duft. Der mittlere Malzkörper wird von feiner Kohlensäure und wieder einem Kräutersträuserl begleitet – das Gleichgewicht zwischen den Komponenten ist beachtlich. Es wird am Ende durch eine Bittere ein wenig gestört, wenn sich auch der Tee in die Hopfenaromen mischt. Das sorgt für leichte bitteren und sehr langen Hall. Was rezent und frisch begann in seinem Geschmack, endet trocken und ruft mit dieser Ringkomposition nach einem weiteren Schluck.
Bekannt wurde aber auch das Salbei-Bier, made in Switzerland. Es heißt „La Meule“ und ist ein bitteres Blondes, das mit dem Kräutlein aromatisiert wurde. Die Sauer-Note nach Grapefruit fällt im Duft zuerst auf, dazwischen blitzt der Salbei aber immer wieder deutlich hervor. Wer den Geruch frisch erwärmter Saltimbocca kennt, der italienischen Kalbschnitzel-Salbei-Schinken-Kombi, wird ihn hier im Bier wiederfinden. Mit etwas Luft gesellt sich auch weiße Schokolade dazu. Die ungewöhnliche Melange aus Hopfen und Salbei bringt auch am Gaumen eigenwillige Eindrücke hervor. Dem charakteristischen Kräuter-Ton räumt das Malz nämlich nur wenig Spielraum ein. Gäbe es eine Kräuter-Schokolade, würde das wohl so schmecken, ein Touch von Ricola im Bierglas, könnte man auch sagen. Die abschließende Bittere bringt dann eine weitere Note ein.
Unkonventionell wie sein Brauer, ist das La Meule aber noch nicht das Ende der Fahnenstange. Skurriler Weise nach der Brauerei-Katze benannt, kommt das „Abbaye de Ste. Bon-Chien“ als eigenwilliges Starkbier aus dem Barriquefass jedes Jahr nue daher. Die Edition 2015 bringt neben 11% Alkohol auch ein zwischen Milchsäure-Noten, Salzigkeit und der Orangen-Intensität der Ce Frisch-Brause wechselndes Bouquet mit. Es ist – nicht nur wegen des Abtei-Labels mit der Mittelalter-Mönch-Mieze – ein Meditationsbier.
Reich und dicht im Antrunk schon, schimmern immer neue Facetten durch. Da wäre zum einen die fast vibrierende Salzigkeit, die einer ausgeprägt-saftigen Pink Grapefruit gegenübersteht. Zitrusfrüchte treffen aber auch auf weiße Schokolade, konkret gibt es Orangenzeste zu schmecken. Zarte Bitterkeit liefert zum Ausgleich auch eine ungewöhnliche Hopfen-Aromatik, die an provencalische Kräuter und grüne Olive erinnert.
Bezugsquelle:
Brasserie des Franches-Montagnes, „La Saison“, „La Bruette“ und „La Meule“ sind um EUR 5,90 (jeweils 0,33 Liter-Flasche) erhältlich, das „Abbaye de Ste. Bon-Chien“ um EUR 15,90, alle bei Bierfracht, www.bierfracht.at