Weißeichen-Fässer, in denen einst Bourbon ruhte, sind das Fundament der schottischen Whisky-Lagerung. Das mag Single Malt-Fans jetzt schmecken oder nicht, aber ohne den US-Cousin, der nach wie vor darauf beharrt, seine Fässer nur einmal mit Bourbon zu befüllen, gäbe es keinen Scotch Whisky. Doch wie gesagt sprechen wir von Fässern, die mit einem Whiskey-Rezept „vorbelegt“ wurden, das mehrheitlich Mais (corn) verwendet. Die „mash bill“ für Bourbon muss aus 51% Mais bestehen, nur dann ist der Name zulässig. Und während 90% der Bourbon-Weltproduktion aus dem Bundesstaat Kentucky stammen, boomt die letzten Jahre der kantigere der US-Whiskeys.
Der nennt sich Rye und gibt dem ansonsten als „flavour grain“ verwendeten Roggen – 12-18% sind es bei den Rezepten der großen US-Marken – die Oberhand. 51% Roggen in der Rezeptur bedeuten meist ein Geschmacksbild der Marke „Lebkuchen minus Süße“. Viel Gewürznote (Zimt, Nelken, Piment, Pfeffer) und etwas brotige Anklänge nimmt man hier wahr. Doch was, so dachte man beim schottischen Whisky-Blender Johnnie Walker, passiert, wenn ich meinen Scotch mal in Roggenwhiskey-Fässern reifen lasse?
Das Ergebnis dieses Fass-Spielchens lässt sich leicht nachvollziehen, denn mit dem „Red Rye“ hat man bei Jim Beveridge genau das auf den Markt gebracht: Einen Blend aus Malt- und Grain-Whisky, der seine letzte Reifezeit (finish genannt) in gebrauchten Roggenwhiskey-Fässern aus den USA verbracht hat. Sechs Monate lagerten die vier Whiskies, die man für die erste Abfüllung aus der neuen Serie „Blender’s Batch“ heranzog (für Kenner: ein Malt von Cardhu ist dabei) in den Roggenbrand-Fässern. Das Ergebnis weist tatsächlich würzige Töne auf, sie setzen aber nur die Glanzlichter auf ein ansonsten sehr auf Zugänglichkeit gebürstetes 40%-iges Karamellbonbon von einem Whisky: Buttrig und süß erinnert der Duft deutlich an Bourbons, etwas Dörrpflaume und die lang vergessene „Blockmalz“-Zuckerl-Note finden sich ebenfalls. Je länger der Blend atmen kann, desto eher schälen sich auch Gewürze heraus: Zimt ist dann zu riechen, aber noch mehr Piment.
Auch am Gaumen finden sich die genannten Eindrücke wieder; die Süße weist wieder über den Atlantik, zumal mit dem Rum-Kokos-Ton und der zarten Vanille-Note weitere Töne dazukommen, die weniger schottisches als amerikanisches Erbteil darstellen. Misst man den Red Rye an Jim Beveridges Anspruch, den US-Geschmack in seinem Blend wiederzugeben, dann darf man vermerken: Übung gelungen!
Bezugsquelle:
Johnnie Walker, Blenders‘ Batch „Red Rye“ ist um EUR 17,90 (0,7 Liter-Flasche) bei Urban-Drinks erhältlich, www.urban-drinks.de