So lange er lebte, gab ein Amerikaner beim erfolgreichsten französichen Wodka – Grey Goose ist 19 Jahre nach seiner „Erfindung“ in 162 Ländern erhältlich – die Linie vor. Dass auch die Erweiterung auf die Kategorie aromatisierter Wodka noch zu Lebzeiten Sidney Franks († 10. Januar 2006) erfolgte, haben wir in unserem ersten Post über die Auftragsarbeit, die der Cognac-Experte François Thibault bis heute verantwortet, noch verschwiegen. Denn diese Serie von Weizen-Wodkas mit Frucht-Aromen haben mit den oft unsäglichen Wodkas, die vor künstlichen Aromen nur so strotzen, nichts gemein. Sie verdienen einen eigenen Eintrag, zumals sie auch im Cocktail eine interessante Rolle spielen.
Flavored Wodkas als Kategorie hält man bei den Franzosen relativ schlank, zumal man bei den fünf Sorten ausschließlich mit natürlichen Aromen arbeitet. „Einige Früchte funktionieren da gar nicht, etwa die Erdbeere, von der das natürliche Aroma praktisch nicht zu gewinnen ist“, erklärt Monsieur Thibault. In der Parfum-Metropole Grasse werden die ätherischen Öle für „L’Orange“ (die seit 2000 gefüllte Variante ist die älteste im Portfolio) und Co. extrahiert. Sidney Franks anderes Auftragsprodukt für den US-Markt, die „Vanille“, hat man zugunsten der Birne (offiziell laut Etikett: La Poire) aufgegeben. Ihr Aroma wird im Hochsicherheitslabor in Grasse, das auch die Rosenessenzen für Chanels Parfüm-Dauerseller „No. 5“ herstellt, extrahiert. Nur wenige Personen haben hier Zugang, Thibault gehört zu ihnen, auch wenn die Naturaroma-Experten immer froh sind, wenn sie wieder unter sich sind, wie er lachend von seinen Exkursionen in die Provence berichtet.
Am interessantesten für die Bar ist neben dem „Citron“, für den die Zitronen aus dem nahen Menton auch in Vodka mazeriert werden, der „Melon“. Die Melonen aus Cavaillon bringen nicht nur Aroma, sondern auch kühlere, grüne Töne mit. „Mir ist die technische Reife wichtig, nicht die physiologische, wenn der Zucker sein Maximum hat“, so Thibault. Kurioses Detail zu den Grey Goose-Aromasorten: Von der frankophilen Linie sei mal lediglich beim „Cherry Noir“ abgewichen, „denn Cerise können die Amerikaner nicht aussprechen, Noir kennen sie vom Pinot Noir„, erklärt der Mann aus der Charente die kuriose Mischung.
Für unsere Cocktail-Eigenkreation wurde der mit Orangen aus Florida aromatisierte Grey Goose verwendet, die volle Ladung Zitrusfrüchte (franz.: agrumes) gibt ihm aber ein Mischsaft. Dafür eignen sich Limetten und Grapefruits, auch Orange kann verwendet werden, dann allerdings dreht das Aromenprofil in eine wenige säuerliche Richtung. Dieses Spiel der Zitrusaromen sorgt dafür, dass man seine persönliche Vorliebe einbringen kann. Wer es süßer liebt, verzichtet auf die Zitrone – oder nimmt etwa mehr St. Germain. Unverzichtbar ist nur der pikante Akzent, den der Cocktailbitter beisteuert.
Bon Agrument
Roland Graf, Trinkprotokoll.at
Zutaten:
- 4 cl Grey Goose Wodka
- 1 cl Grey Goose „L’Orange“
- 1 cl St. Germain (Holunderblüten-Likör)
- 2,5 cl frisch gepresster Zitrus-Saft-Mix (Zitrone, Limette, Pink Grapefruit)
- 2 Spritzer (dashes) Hellfire Bitters
Zubereitung:
Alle Zutaten im mit Eis gefüllten Shaker 15 Sekunden lang schütteln und dann ins vorgekühlte Gästeglas (Martini-Glas, auch bekannt als Cocktail-Spitz) abseihen.
Zwei verschieden-farbige Zitruszesten als Garnitur verwenden.
Bezugsquelle:
Grey Goose, „L’Orange“ ist – wie die anderen aromatisierten Sorten (Melon, Citron, Cherry Noir und Poire) – um EUR 39,90 (ein Liter-Flasche) bei Killis Getränke erhältlich, www.killis.at