Nur mit Handschuhen, bitte! Auch wenn lockere Celebrities wie Jay Z, Martin Scorsese oder Quentin Tarantino eine Flasche LOUIS XIII besitzen, verlangt das Öffnen nach einem Ritual. Mit Benjamin Kraft vom Wiener Hotel Kempinski entkorkt Morgan de Premorel, der internationale Brand Ambassador des Edel-Cognacs eine Flasche für uns.
Der Mann vom noblen Pariser Boulevard Haussmann wirkt wie eine französische Ausführung von Jude Law und sieht Österreich als „kleines Land mit viel Potential“, immerhin ein halbes bis ein Prozent der Bevölkerung seien die „wealthy pepole“, die sich den Cognac im edlen Dekanter mit der gläsernen Lilie als Verschluss leisten könnten.
Der legendäre Paul-Émile Rémy Martin hatte den luxuriösen Blend entwickelt, in dem heute – einmalig unter den Spirituosen – 1.200 Brände „vermählt“ werden. Die technische Durchführung obliegt nunmehr Pierrette Trichet, seit 2003 kümmert sich die einzige weibliche Kellermeisterin der Cognac-Welt um die aktuellen Abfüllungen. Damit sorgt sie als vierte Kellermeisterin dafür, dass „ein Jahrhundert in der Flasche genossen werden kann“, wie Monsieur de Premorel es formuliert.
Tradition hält man hoch im Familienunternehmen, das bereits 1883 nach China lieferte und in der Belle Epoque praktisch sämtliche Königshäuser mit LOUIS XIII versorgte. Noch heute steht der Cognac in der Hausbar der Queen, wie schon bei Vater Georg VI (ja, der aus dem Film „The King’s Speech“). Nach wie vor werden im Faßkeller in Le Grollet die alten Cognac-Lieferfässer, so genannte Tierçons (vom franz.: Tiers – drei von ihnen passten auf ein Fuhrwerk), zur Reife benützt.
Tatsächlich wird man beim Verkosten etwas poetischer als sonst, was nicht am ehrfurchtgebietenden Preis liegt, sondern der Komplexität des Brands. Bei allen Faßaromen – Kokosnuss, Schoko, Rum-Rosinen und Schokolade – kommt immer das Ausgangsmaterial, die traubige Note, im Duft durch. Mit mehr Luft gesellt sich ein floraler Akzent dazu, der an Jasmintee erinnert.
Der erste Schluck überrascht mit einer Frische wie ein Pfefferminzbonbon, ehe sich die Assoziationen auf in die Patisserie machen: Kandierte Orange, Pecan Pie, geröstete Haselnüsse – und vor allem viel Mandeln rollen über die Zunge. Ja, auch Butterkekse schmeckt man kurz, eher der „13. Ludwig“ im Finish strengere Saiten aufzieht: getrocknete Papayas rufen noch einmal die Fruchtigkeit ins Gedächtnis, ehe dann eine satte Dosis weißer Pfeffer für einen gut gewürzten langen Nachhall sorgt.
Die Dimensionen seiner langen Lagerung kommen also in einer theoretisch trennbaren Trias auf den Gaumen: In Form von Frische (die ihn in die Zukunft begleitet), schokoladiger Süße (Vergangenheit) und einer Fülle würziger Eindrücke (gegenwärtig am präsentesten). Tatsächlich lebt der LOUIS XIII aber genau vom Zusammenklang dieser Aromen. Bleibt nur die Frage, wer uns als Angehörige der von de Premorel nicht erwähnten 99% der Österreicher auf ein unvergessliches Glas davon einlädt….
Bezugsquelle: Remy Martin, „Louis XIII“ ist um EUR 1.872 bei Del Fabro erhältlich, www.delfabro.at