Marc-Antoine de Mees übernahm 2007 ein historisches Erbe, genau genommen aber einen Scherbenhaufen. Denn die seit 1890 bestehende Brasserie de Brunehaut war insolvent. Der neue Eigentümer restrukturierte nicht nur, er führte neben den Abtei-Bieren aus der Rue des Panneries – unter dem Label St. Martin in Belgien zu finden – auch eine neue Linie ein. Sie trägt den Namen des Ortes, und alle „Brunehaut“-Abfüllungen sind gluten-frei, enthalten den Allergen-Stoff also in Konzentrationen unter fünf parts per million (ppm). Eine weitere Besonderheit, die Monsieur de Mees herausstreicht, als wir seine Biere kosten, liegt auch in den eigenen Gersten-Feldern bei Gaurain-Ramecroix.
Wir beginnen unsere Verkostung der sympathisch schlank gehaltenen Range mit dem Blonde, das nach Reinheitsgebot gebraut wurde. Hier kann man nicht viel schummeln, eine wohltuende Zugangsweise gegenüber den aktuell so gern mit Aroma-Hopfen-auftrainierten Abfüllungen! Doch belanglos wirkt das helle Bier beileibe nicht: Banane, Weizen-Flakes und Orangen-Zeste prägen den Duft. Vollmundig und cremig wie ein Weizen-Bock beginnt das helle Brunehaut-Bier, das mit cremigem Mundgefühl nicht über die immer noch deutliche Bittere hinweg täuschen kann. Bei aller Dezenz der Herbheit trägt diese Note dennoch das insgesamt sehr getreidig-gelbfruchtige Bier. Gelbe Kiwi, Cornflakes und etwas Honig sind die dominanten Assoziationen, im Abgang frischt das glutenfreie Bier aus der Wallonie aber noch auf, breit wirkt hier jedenfalls gar nichts.
Das Amber wiederum riecht nach Laugengebäck und Zwetschke, aber auch reife Noten – Nuss-Schokolade notieren wir – prägen den Duft. Auch am Gaumen kommt diese Salzgebäck-Note durch. Ein wenig wie Soletti schmeckt das Brunehaut, dazu kommt aber wieder Dunkleres, konkret: Kakao-Pulver. Schön unterstützt die Karbonisierung den Trinkfluss, ohne sie wäre das wohl nur eine breite Porter-artige Stilistik, was man hier schmeckt.
Eine Stufe drüber steht das Tripel von Marc-Antoine De Mees, das mit einer Duft-Gemengelage aus Türkischem Honig, Mango und Cornflakes aufwartet. Deutlich frischer ist der Antrunk des Gluten-freien Biers, der mit Koriander und Kiwi zwischen grünen und hopfigen Noten oszilliert. Im Mittelstück wird das Tripel aber auch cremig am Gaumen, im Finish wirkt das Ganze immer weiniger. Letztlich wirkt das Bier aus Brunehaut wie ein inverses IPA, statt opulenter Aromen wird es im Finale immer schlanker, auch die Bittere hängt nicht nach, sondern kommt schon zu Beginn durch – große Klasse und endlich nicht „more oft he same“, was man hier auf die (gedrungene) Flasche brachte!
Bezugsquelle:
Brasserie de Brunehaut, „Blonde“ ist um 1,80 EUR (0,33 Liter), das „Amber“ um EUR 1,99 und das „Tripel“ um 2,30 EUR erhältlich, alle bei Abaco in Lienz, www.abaco-trade.at