Gefährliche Nebenwirkungen eines USA-Aufenthalts: Sie könnten beschließen, eine Craft Beer-Firma zu gründen. Tiroler EDV-Experten ging es so und damit hat die alte Münzstadt Hall einen aktuelleren Ehrennamen – sie ist Craft Country. So nämlich nennt sich das Tiroler Unternehmen, dessen drei Biere auch längst außerhalb des Heiligen Landes geschlotzt werden. Wir etwa kosteten es bei und Christine und Ronnie Keil im Salzburger Bottle Shop, nachdem Craft-Kenner Hermann Härtel aus dem Zillertal uns die Haller Biere schon nachdrücklich nahe gebracht hatte.
Der Star neben dem als Tiroler Hausbier bezeichneten „Da’hoam“, das uns mit der Himbeer-Joghurt-Note nicht so begeistern konnte (Chargenproblem?) in der Dreier-Kollektion von „Craft Country“ ist sicher das „Miyamato“. Ein behelmter Samurai, der sich aus einem Kurosawa-Film auf das Etikett des 5,5%-igen Biers verirrt zu haben scheint, ist der Namensgeber.
Miyamato Musashi gilt als Weiser unter den Schwertkämpfern, nachdem er der Gewalt entsagte und sich den Künsten, darunter der Abfassung des „Buchs der Fünf Ringe“ (das heute Manager studieren) widmete. Wer aber Samurai-Biographien lesen will, ist im Trinkprotokoll.at falsch! Widmen wir uns also dem Genuss der flüssigen Hommage an den alten Schwertfuchs aus Nippon.
Zu sterben, mit einer unbenutzten Waffe in seinem Gürtel, das wäre bedauerlich.
Miyamato Musashi, Rōnin
Zumal die Verwendung von Reis und der Sango-Meereskoralle (!!) neben dem japanischen Hopfen den rechten Nippon-Touch gibt. Die Haller Verehrung des Samurai riecht fast so wie abgestandenes „Fanta“, was keineswegs negativ gemeint ist: Orange, dazu Mango und eine Prise weißer Pfeffer im Hintergrund. Herb bereits im Antrunk, entwickelt sich eine beachtliche Cremigkeit aus dieser Grundbittere, am ehesten einer Zitronencreme vergleichbar.
Denn die Zitrusnoten sind da, zur dezenter werdenden Bitterkeit gesellt sich dann der leichte Kokosnuss-Geschmack, den die Brauer selbst auch als Charakteristik am Etikett herausstreichen. Im Finish kommen noch die grünen Akkorde des Hopfens dazu, die die Nippon-Tirol-Melange abrunden.
Wem das Korallenbier mit dem martialischen Helmträger zu schräg ist, der kann sich immer noch ein „Smasher“ aus dem Kühlschrank fischen. Dieses Amber Ale mag nicht der klassische Durstlöscher sein, für Kenner bietet es aber eine interessante Mischung aus dunklerem Malz (ergo auch leichter Süße) und einer kräftigen Hopfung. So startet der Duft gleich einmal ein grünes Feuerwerk, aus dem da eine Rakete von Kiwi hochsteigt, während dort eine an Thujen erinnernde Figur am Aromenhorizont erscheint. Wer nicht wusste, was hopfengestopftes Bier kann, soll noch eine Minute länger am Haller Bier schnuppern – wir trinken es lieber. Da spielt nämlich dann das Malz die erste Geige, fast schon süßlich, mit einer an Schokolade und Pumpernickel erinnernden Art, hält es gegen die Bittere die Stellung.
Smasher: Wenn Malz und Hopfen Schach spielen…
Das ergibt ein Spiel, das man mögen muss, aber ungemein reizvoll ist. Wem die stillen Kaffee-artigen Biere der Stout-Familie immer zu fad waren, hat hier einen mit Kohlensäure, zarten Zitrusnoten und einer herben Grundcharakteristik versehen Vertreter im Glas, der wie eine Frischeinjektion für’s Malz wirkt. Aber um nicht parteiisch zu wirken – auch „die Dinge haben ja ihre Tränen“, wie Vergil so schön meinte – auch das Malz bremst die ansonsten unverminderte Hopfenwucht auf ein konsumierbares Maß ein. Wer also wem einen Smasher verpasst von den beiden Bier-Geschwistern Hopfen und Malz, sei dahingestellt. In jedem Fall haben sie eine hohe Drinkability zustandegebracht, der Widerstreit sorgt für Spannung und letztlich ist das herb-süße „Smasher“ schnell ausgetrunken.
Bezugsquelle:
Craft Country, ,,Miyamato“ und ,,Smasher“ sind für Parties im 25-Liter-Fass bei der Brauerei erhältlich; die 0,33 Liter-Flasche führt bspw. Bottle Shop um EUR 2,60, www.beerbottle.eu