Was eine echte Stadt war im Mittelalter, hatte auch eigene Wein-Berge. Die konnten durchaus weiter weg sein (im Falle Wiener Neustadts etwa im Burgenland), aber das ist ohnehin Geschichte. Die große Ausnahme, auch was die Fläche und Bedeutung des Weinguts betrifft, stellt die Stadt Krems dar. Bis 1210 lässt sich der Weinbau verfolgen, doch auch da zählt die aktuelle Performance. Und die passt, denn selbst in einem Jahr wie 2014 wird dank der Expertise von Leiter Fritz Miesbauer Bemerkenswertes gekeltert.
Ein Lese Anfang November war ebenso selbstverständlich wie ein Vielfaches der normalerweise angeforderten Lesehelfer, die für gesundes Traubenmaterial – Ausklamüsern ohne Ende war angesagt! – sorgten. Verkostet wurde die ersten Ergebnisse mit Franz-Josef Gansberger, dem kongenialen Partner Miesbauers im Verkauf. Unsere Favoriten aus den bereits zugänglicheren Weinen der 31 Hektar waren einerseits der Veltliner „Stein“, zum anderen die mineralische Riesling-Interpretation „Schieferterrassen“. Neben dem Bodenton (nasser Schiefer) finden sich Alpenkräuter, zarte Nuss-Aromen und ein an Steinobst erinnernde Fruchtbouqet im Duft.
„Eher deutsche Typus vom Riesling“, formuliert es Gansberger. Den vier Gramm Zuckerrest der „Schieferterrassen“ steht aber eine flirrende Mineralik und eine vielschichtige Würze – Zitronenmelisse, aber auch edelsüßer Paprika – gegenüber. Ein würzig unterlegter Mix aus gelben Früchten, vor allem Nektarine, findet sich am Gaumen. Das Spiel zwischen Frucht und Säure, hier im Blog gern mit Zwiebelmarmelade umschrieben, beeindruckt. Vor allem, weil auch die dezente Süße dem Wein richtig gut steht. Die Speisenempfehlung der Kremser, gebackene Klassiker der Wiener Küche und asiatische Speisen, kann man bestens nachvollziehen.
In Stein gibt’s nicht nur den „Fölsn“
Aus mehreren Weingärten stammt das Material für die „kleine Reserve“ des Stadtweinguts, dem Einstieg in die Welt der Lagen-Reserven. Gaisberg, Stein und Altenburg sind die Kremser Herkünfte, die sich 2014 zu einer 13%-igen Melange vereinigten. Die späte Lese und die Selektion machten sich bezahlt; schon der erste Schnupperer am Glas signalisiert die hohe Reife des Weins: Golden Delicious-Äpfel und „Earl Grey“, dazu neben der Bergamotte auch weitere Zitrusaromen.
Dass der „Stein“ so saftig schmeckt, ist keine Überraschung nach dem Duft. Roter Apfel und etwas Mango sorgen für eine intensive Auskleidung des Gaumens, dazu kommt eine am ehesten an Nuss-Brösel erinnernde „Fettn“. Mit zartem Gerbstoff im Finish verhindert der Wein aber, dass er als üppig durchgeht. Ganz im Gegenteil, die Spielzeuge werden eingepackt, im Finish ist der „Stein“ wieder ganz seriös. Und man will einen weiteren Schluck.
Bezugsquelle:
Weingut der Stadt Krems, Grüner Veltliner „Stein“ 2014 ist um EUR 14,90, der Riesling „Schieferterrassen“ 2014 um EUR 14,90 ab Hof erhältlich, www.weingutstadtkrems.at