Nein, es ist keine Absicherung, falls die Schotten doch noch für die Unabhängigkeit stimmen. Denn schon seit 2007 hat England wieder seine eigene Whisky-Brennerei. Die St. George’s Distillery sorgte für die Wiedergeburt des einst in mehreren englischen Städten gepflogenen Whisky-Brennens, zur Eröffnung im gersten-reichen Norfolk kam damals auch Prince Charles. Mit den schottischen oder irischen Nachbarn verwechselt man die „English Whisky Co.“-Single Malts nur schwer; englischer wie das Etikett mit dem roten Kreuz und St. George samt seinem Drachen geht’s kaum.
Die von James und Andrew Nelstrop gegründete Brennerei in Roundham erzeugt in der „Black Range“ Whisky ohne Age Statement sowie eine getorfte Version. Daneben gibt es auch jede Menge Experimente, von denen gerade mal 1.000 Flaschen zu haben sind, entsprechend dem neuen Buch, das die beiden Gerstenfarmer aufschlugen in Sachen Anglo-Whisky, nennen sie die raren Füllungen „Chapter“ und geben ihnen fortlaufende Nummern. Selbst eine Solera haben sie sich gebaut und füllen mit ihrem Whisky aufgespriteten Pedro Ximenez-Sherry ab, als wäre Norfolk in Spanien. Das aber ist eine andere Geschichte, uns interessiert die Basisware, die dank der süddeutschen Destillerie Kammer-Kirsch auch hierzulande erhältlich ist.
Blass schauen sie aus, doch das liegt daran, dass im Gegensatz zu einigen Schottendestillen eben kein Karamell für die Färbung sorgt, auch die Fasslagerung liegt bei einem Minimum, das kaum über die gesetzlichen drei Jahre und einen Tag hinausgeht. Doch im Duft können sie es wie die Großen im Norden.
Man kann sagen, dass diese beiden Engländer schottische Stile anglisiert haben: Der „English Whisky Co. Classic“ erinnert mit seinen Noten nach Gras und Tropenfrucht an die Speyside, während die „peated“-Variante mit Zitruszesten, Fenchel und natürlich Speck eher dem Islay-Profil entspricht. Dass in der Anfangszeit Iain Henderson, der pensionierten Laphroaig-Distiller, engagiert wurde, war sicher kein Nachteil dabei.
Übrigens: Man wird mehr hören vom britischen Whisky, auch wenn Sie hier erstmals davon lesen. Die von Paul Currie, der bereits die unabhängige Arran-Brennerei in Schottland aufgebaut hat, gegründete Lake Destillery in Cumbria startete erst (zu kaufen gibt es den „Lakes“-Malt ab 2017) und auch der Prestige-Wettlauf um den ersten neuen Londoner Whisky ist eröffnet. Die für Dodd’s Gin bekannte London Distillery Company, aber auch die East London Liquor Company sind Kandidaten, um die gut 110-jährige Durststrecke seit der Schließung der Lea Valley-Destillerie 1905 zu beenden: Sowohl in Westlondon (der ehemaligen Molkerei in Battersea) wie auch in der Ex-Klebstoff-Fabrik in Bow Wharf/East London lagern bereits die befüllten Fässer. Wer als erster die Mindestreifezeit von drei Jahren plus einem Tag erreicht haben wird, werden wir erst 2017 wissen. Bis dahin nippen wir einfach am St. Georgs-Duo.
Bezugsquelle:
The English Whisky Company, Classic und Peated sind jeweils um EUR 59,90 (0,7 Liter-Flasche) bei Bruno Hüskes Wein & Tabakhaus erhältlich, www.wein-und-tabakhaus.de