Ein rötlich schimmernder Neuzugang aus der Black Friars Distillery kommt rechtzeitig für die kalte Jahreszeit. In Englands Westen, aus dem der Plymouth Sloe Gin stammt, setzt man das Getränk auch in der Küche, etwa zum Käse, aber auch für die Füllung von Wildgeflügel wie Fasan und Ente ein. Sie ersetzt bei Traditionalisten des Sunday Roast damit die eher amerikanische Cranberry, was sich zu Weihnachten durchaus testen ließe.
Die Mixability scheint dagegen fast eingeschränkt, kennt man die rote Zutat ja gerade einmal statt Cassis für den Champagner-Drink „Kir Royal“ oder als Basis des „Long Peddler“. Der mitunter auch als „Pedlar“ bezeichnete Mix aus Schlehenlikör und Bitter Lemon im Verhältnis 1:3, erinnert als Standard-Servierform an den Gin & Tonic (und wird mitunter auch mit Tonic und Zitronensaft kredenzt). Doch zurück zum konkreten Plymouth Sloe, der die herben Früchte mit dem Plymouth Gin verbindet, der früher in der Marine, nach wie vor größter Arbeitgeber der Hafenstadt, seine Anhängerschaft hatte. Angeblich haben die Gründerväter der USA des schlechten Wetters wegen mit der „Mayflower“ in Plymouth angelegt. Verbürgter hingegen ist der Satz, dass es Zeit für eine neue Flasche sei, sobald das gemalte Schiff auf dem Trockenen segeln sollte.
Als weitere Referenz an frühere Zeiten, in denen man die Beeren nach dem ersten Frost (und damit einer enzymatischen Reaktion, die Gerbstoff reduzieren hilft) erntete, kauft man auch heute gefrorene Schlehen. Gesammelt werden sie großteils in Dartmoor in England und dann im Plymouth Gin eingelegt. Der Fruchtauszug der Briten wird bewusst sauer gehalten, „Zucker fügen wir nur so viel wie nötig zu“, stellt Sebastian Hamilton Mudge klar. Vier Monate zieht der Geschmack der Früchte im Gin ein, so will es die Rezeptur für den „winter warmer“ aus dem Jahr 1883. Der Unterschied zu den eindeutig süßen Schlehen-Likören, den der Brand Ambassador damit anspricht, erschließt sich aber erst am Gaumen.
Mehr Vogelbeere als Schlehe
Die Nase zeigt noch ein eindeutig vom Stein-Ton geprägtes Bild, Marzipan satt, kann man sagen. Und in dunklen Gläsern würde der Sloe Gin glatt als Vogelbeer-Brand durchgehen. Etwas Erdbeer-Marmelade kommt mit der Zeit noch aus dem Glas, aber jetzt wollen wir einmal kosten. Der erste Schluck ist fast adstringierend sauer, so schmecken Weichseln; Gerbstoff und Sauerkirsch-Noten sind aber nur ein Aspekt, nennen wir ihn die Schwarzwälder Seite des Sloe (denn auch Kakao ist jetzt zu merken), dazu kommt aber auch eine appetit-anregende Würze, die im Abgang klarer als Pfeffer angesprochen werden kann. Viele Eindrücke sind das für einen einfachen Likör, aber einer findet sich nicht darunter: Süße.
Dabei war gerade die ein veritables Charakteristikum, wenn man die Rezeptliste mit Sloe-Cocktails durchgeht: Vom „Panty Dropper“ bis zum „Violent Fuck“ spiegelt sich das Macho-Gelächter über den Schlehengin. Auch damit räumt vielleicht der säurige Plymouth Sloe auf.
Bezugsquelle:
Plymouth Sloe Gin ist um EUR 33,56 (0,7 Liter-Flasche) bei Master of Malt erhältlich, die auch nach Österreich senden, www.masterofmalt.com