Zu einem Hochamt gehört auch ein Hohepriester. Und für den Portwein darf man Dominic Symington durchaus als solchen ansehen. 35% Weltmarktanteil am Premium-Portwein hält seine Familie, als Gentleman gibt er das aber erst auf Befragen preis. Dow’s, Graham’s, Warre’s und Quinta do Vesuvio (der letzte Zukauf, von dem es auch intensive Rotweine gibt) heißen die dazugehörigen Marken. Und in Sachen Dramaturgie kann MC Symington schon einmal punkten. Denn auf die härteren Rotweine („da gehört unbedingt eine Speise dazu“) und sechs Jahrgänge Portwein der verschiedensten Ausbauarten folgt ein Dreier-Flight mit 1970, 1980 und 1994er Vintage Port.
Der Graham’s, so gibt uns Symington den Gästen mit, sei immer der reichhaltige, der etwas sperrigere („austere“) hingegen wäre immer der Dow‘s. Er stammt aus der heißesten Region des Dourotals. Hat es einmal nur 30 Grad im Schnitt des Sommers, dann spricht Symington von einem kühleren Jahrgang. So viel dazu.
Alle wachsen sie im größten Bergweinbaugebiet der Welt, einer der vielen Superlative des portugiesischen Weinbaus. Vom Gesetz her – „wir haben es mit einem der am meisten reglementierten Weine der Welt zu tun“ – darf er nur nicht über 600 Meter Seehöhe wachsen.
Ein Jungspund mit Zukunft: Graham’s Vintage 1994
Frische Steinpilze, Zitronensorbet, dazu reife Erdbeeren und Christstollen. Eine wilde Mischung. Aber so duftet der Jahrgangsport 1994, der das fulminante Trio einleitet. Am Gaumen geht es ähnlich vielschichtig bis konfrontativ weiter, zur leichten Rauchnote gesellen sich rote Rüben, ein Mix aus roten Beeren; die barocke Frucht wird von einem Skelett aus Säure und Tannin getragen. Letzteres ist Symingtons Beschreibung und sie trifft es recht genau, vor allem im Finish ist hier noch merklicher Gerbstoff und eine jugendliche Säure vorhanden, die den 1994er auch noch das nächste Jahrzehnt locker tragen dürfte.
Cinderellas Brombeer-Korb: Graham’s Vintage 1980
Symingtons Einschätzung, dass es sich bei 1980 um einen Aschenputtel-Jahrgang handelt, bestätigt sich sodann eindrucksvoll. Als Cinderella Year bezeichnet er ihn, weil er auf den legendären 1979er folgte, viele waren damals der Meinung, was soll da nachkommen? Wie so oft ließ sich die Natur aber nicht von Käuferpsychologie behelligen und ermöglichte einen ebenfalls außergewöhnlichen Port.
Gespalten ist der Eindruck bereits beim Hineinriechen. Einerseits ist da eindeutig Steaksaft, aber auch eine intensive Rindsuppennote, zum anderen lässt sich die Frucht fast mit den Händen greifen. Brombeeren wie frisch vom Strauch, so dunkel in ihrer Aromatik, dass sie fast an Tintenblei erinnern. Der erste Schluck überträgt diese Saftigkeit auch auf den Gaumen, ein ganzer Korb dunkler Beeren sorgt für einen runden Erstkontakt, auch hier kommt zur Frucht eine würzige Komponente, in der ätherische Noten von frischer Minze, aber auch etwas Lavendel die Hauptanteile tragen. Beeindruckend sind in diesem Fall aber nicht die Einzelteile, sondern wie großartig sie nach auch schon 34 Jahren verwoben sind.
44 Jahre alter Tänzer: Graham’s Vintage 1970
Auch bei der Diskussion danach herrscht weitgehend Einigkeit, dass der 80er Vintage Port der Wein des Tages war. Und der 1970er? Er hat sich schon in Richtung Würze verwandelt. Salzig in Reinkultur, auch er an Rindsuppe erinnernd, dazu weißer Pfeffer steigen in die Nase, die Frucht changiert zwischen Ringlotten und jugendlicher Herzkirsche, es dürfte also auch noch ausreichend Säure vorhanden sein. Nun, am Gaumen bietet der 70er Vintage das Inbild von Eleganz, die primären Fruchtnoten sind weg, ein Rest von roten Beeren unterliegt aber den nußigen Aromen. Salzige Erdnüsse, dazu Pekannuss und wieder viel Umami, Salzmandeln im Finale, ein echter anregender Port, der aktell am Punkt gereift ist, einen besseren Aperitif wird man schwerlich finden. Thanks for the visit, Mr. Symington!
Bezugsquelle:
Graham’s, Vintage Port 1994 ist um EUR 99 erhältlich, der Vintage 1980 um EUR 136 und der 44jährige 1970er Port um EUR 320, alle bei Getränke Wagner, www.wagnerweb.at