Handelseins wurde man im Schlafzimmer des Barons, „während der Jagdhund zu seinen Füßen kuschelte“. Die Geschichte hinter dem raren Opus One gewinnt an Farbe, wenn sie Michael Silacci erzählt. Der Winemaker – seit 2001 am Weingut in Napa tätig – kannte Robert Mondavi und Philippe de Rothschild noch persönlich. Und trägt bis heute deren Geist weiter. Eine Bordeaux-Cuvée in Kalifornien zu machen, lautete die Grundidee, die einen Kultwein hervorbrachte. Heute steht Meghan Zobeck an der Seite von Silacci und beide stellten in Wien sechs Jahrgänge des weltbekannten Hauses vor.
Als Abschluss der heurigen „Wine&Dine“-Reihe im Restaurant Glasswing wartete aber auch ein intellektuelles Vergnügen. Denn das ist es jedes Mal, wenn Silacci von den feinen Schrauben berichtet, an denen er für die Weinqualität dreht. Über die Hefe-Experimente haben wir hier schon einmal berichtet. Doch selbst beim Holz folgte man der DNA der französischen Eichen-Arten, „eine gibt Süße, eine hebt die Bitternoten hervor“. Und natürlich ging es auch um den Weinbau ohne Bewässerung („dry farming“), den man seit 2007 praktiziert.
Dieser Jahrgang war leider ein besonders trockener, wie der Kalifornier in seiner unnachahmlichen Art schildert. Der Wein dazu ist ungewöhnlich floral. Man denkt an Rosenblätter, eine Note, die auch Meghan Zobeck bestätigt („in anderen Jahren kann es Veilchen sein beim Opus One“). Ein wenig merkt man den heißen Jahrgang an den Aromen eingekochter Früchte. Rote Rübe und Hollerkoch sind etwa zu notieren. Am Gaumen ist ein reicher Beerenmix zu schmecken, auch da sind es sehr reife Eindrücke. Das noch merkliche Tannin rettet aber viel, auch wenn der Wein gegen Ende bereits ein wenig trocknend wirkt mit seiner Estragon- und Lorbeer-Note.
Die Gerbstoff-Qualität stellt aber generell ein Geheimnis der Weine dar. Für Mister Silacci ist es ein Lob, wenn er – auch bei Kollegen – von der „Bitterkeit der Weine“ spricht. Mit dem 2005er im Glas versteht man das besser. Denn auch wenn die Nase schon überreife Früchte („Zwetschkenkrampus“) zeigt, gegen die es der Paprika-Duft des Cabernets schwer hat: Am Gaumen kommt nach dem seidigen Erst-Auftritt ein sehr jugendliches Tannin-Gerüst zum Vorschein. Unbedingt sollte man ihm Zeit geben. Nach 20 Minuten im Glas merkt man nämlich, dass dieser Wein alles hat – man muss ihm nur Zeit geben, das auch zu entfalten.
Herausragender Wein in dieser Abfolge aber dennoch der 2010er. Schon der Duft nach Orange und frischer (!) Feige zeigte eine andere Art an. Die roten Früchte folgten erst dahinter; vor allem eine kleinbeerige Kirsche machte diesen Ton aus. Säure wie Tamarindenpaste sowie Kampot-Pfeffer zeigten die außergewöhnliche Würze dieses Opus One an.
Am Gaumen stand ebenfalls Blutorange vor den klassischen Beeren-Eindrücken des Cabernets. Fast zerriebenes Tannin der Marke „fine grain“ lieferte eine auch taktil außergewöhnliche Qualität. Es war das einzige, was man bei sehr viel gutem Willen als Trinkwiderstand ausmachen konnte. Denn der 2010er weist aktuell einen wunderbaren Zug zum Tor auf. Da muss man auf nichts waren oder allzu viel analysieren. Aus einem Guss ist da das Vergnügen. Selbst die angedeutete Aromatik fand im Abgang zur Vollendung; da durfte die Pikanz von Timutpfeffer einen würzig-eleganten Schlenker anbringen.
Von den jüngeren Weinen brachte Opus One 2018 eine Erinnerung an den 2007er mit. Auch hier dachte man an gekochte Rote Beete und Johannisbeere. Herzkirschen, Mokka und eine dezente Rauchigkeit machen das Duftbild aber reicher. Noch ist nicht auszumachen, ob sich der Wein auf die dunkle Seite (nicht der Macht, des Geschmacks!) schlagen wird. Oder doch die Frische der roten Früchte, besonders Ribisl, obsiegen wird. Beides ist da. Graphit und schwarzer Kardamom, aber eben auch die frechen Noten der Ribisln und Weichseln. Time will tell!
Das gilt umso mehr im Vergleich mit dem 2021er, der als Abschluß zur Challans-Ente von Alexandru Simon (Glasswing) ins Glas kam. Sehr sanft und mit einem merklichen Vanille-Odeur stellt er sich vor. An der Spitze der dunklen Beerenfrüchte steht hier ganz klar Heidelbeer-Duft. Man hat den Eindruck eines deutlich zugänglicheren Weintyps. Sofort legt sich der Film aus dunklen Früchten (Brombeere und Holunder) auf den Gaumen. Ein richtiggehender „Saft“ von einem Rotwein ist dieser Opus. Dunkel und reif wird es allenfalls bei den Nougat-Akzenten und der getrockneten Kirsche im Nachhall.
Bezugsquellen:
Opus One, „Opus One Napa Valley“ 2021 ist um EUR 528,- (0,7 Liter-Flasche) bei Vinorama erhältlich, dort hat man auch noch einige Magnums des 2018ers (zu EUR 944,-) parat, www.vinorama.at
Opus One, „Opus One Napa Valley“ 2010 ist in Restflaschen – zu 766,- Euro – noch bei L. Derksen vorhanden, www.derksen.at






