Wer sich in der Delikatessen-Welt ein wenig auskennt, sah das Schild „Trattoria Capperi“ im Wiener Rinkhy und murmelte „Pantelleria“. Von dort kommen die besten Salz-Kapern der Welt und um die sollte es – gemäß dem herrlichen Motto „Caper Diem!“ – auch gehen an diesem Abend. Dass es die maritime Lokalität im 7. Bezirk wurde, berühmt für Meeresfisch in Dosen und französische Austern vom Feinsten, lag angesichts der Insel Pantelleria nahe. Dort werden die Kapernblüten eingesalzen, ehe sie sich öffnen, und dann erneut ein zweites Mal. Was so lässig im Glas beim Italiener liegt, ist ziemlich harte Arbeit. Die übernimmt u. a. Gabriele Lasagni. Mit seinem Unternehmen La Nicchia liefert er die salzig-knusprige Delikatesse in die besten Häuser.
Zu denen heuer nicht nur „alimentari“ und „ristoranti“ gehören, sondern auch die Schwarzwälder Gin-Brenner aus dem Reiche Pernod-Ricards. „Species rara“ nennt sich ja bekanntlich der außergewöhnliche Aroma-Geber („Botanical“), das alljährlich die 47 anderen pflanzlichen Zutaten von Monkey 47 ergänzt. 5.000 Flaschen gibt es lediglich von diesem Distiller’s Cut, den Alexander Stein Anno 2010 begründet hat. Und er ist ein veritables Sammlerstück geworden. Zwar gibt es mit 5.000 Flaschen mittlerweile deutlich mehr als bei der Erstausgabe, doch 240 davon für Österreich sind nicht viel. Zumal nur 47 (!) davon in den freien Verkauf kommen. Natürlich haben wir die Info, wo es die Kaufmöglichkeit gibt. Doch zuvor geht es darum, wie die Kapern von der Mittelmeer-Insel den Inhalt der ikonischen Apotheker-Flasche mit dem Affen geprägt haben. Anders gesagt: Wie schmeckt die „Capparis“ benannte Gin-Rarität?
Für einen Duft wie diesen wurde das Verkoster-Wort „briny“ erfunden. Leider ist es nur schwer ins Deutsche zu übertragen. „Schmeckt wie Einlegeflüssigkeit/Lake“ ist ein unzureichender Versuch. Zumal es ja das Dill-satte und Essig-saure Odeur eines Gurkenglases sein kann. Aber auch eine deutlich feinere Lake. In diesem Fall ist es eher ein frisch geöffnetes Glas Perlzwiebel, an das der Gin-Duft erinnert. Natürlich auch Kapern, allerdings in diesem Falle die Früchte – die mit dem Stiel – und nicht die Knospen, die man auf Pantelleria einsalzt. Auch an Artischocken aus dem Glas mussten wir denken. Denn vor allem zu Beginn ist bei diesem Distiller’s Cut die würzige Seite der Kapern und sogar ihre Salzigkeit zu riechen. Wem schon einmal Bier über die Soletti-Schale gelaufen ist (oder die Salzstange ins Bier gefallen ist), wird diese Kombi aus salziger Säuerlichkeit kennen. Ganz ohne Frucht geht es bei Monkey 47 aber nicht ab, wenngleich die massive Würzigkeit des „Capparis“ sogar den markanten Preiselbeer-Duft aus dem Schwarzwald überlagert. Ein wenig Mostbirne ist – nach gut zehn Minuten – zu riechen.
Am Gaumen wird dann die Süße aus den 47 üblichen Botanicals spürbarer; hier ist es vor allem saftige Orange und ein wenig rote Beeren, die versuchen, sich gegen die würzige Seite durchzusetzen. Ein Hauch Senffrüchte und Senfgurke schwingt mit, vor allem aber trägt die Kraft der 47% vol die Aromen bestens. Ein zart pikanter Hall nach Lorbeer, Fleur de sel, vor allem aber Weißem Pfeffer, rundet die limitierte Ausgabe 2024 ab. Wer das Salz nicht so geschmeckt hat, wird es nun am ewig langen Nachhall merken, dass hier eine deutlich andere Art des Gins auf die Zunge kam.
Die Aussage, dass bislang noch kein Distiller’s Cut das zusätzliche Botanical so deutlich in Aroma und Geschmack zeigte, war nicht nur einmal zu hören im Rinkhy. Und sie stimmt. Für uns persönlich übertrifft er sogar die Version mit Bärwurz, der den Gin 2015 geprägt hat – unserem bisherigen Spitzenreiter in Sachen Extra-Aromen-Power.
Dass Monkey 47-Gründer Alexander Stein für diesen Distiller’s Cut keine Cocktail-Empfehlung ausspricht, sondern ihn pur empfiehlt, ist verständlich. Aber natürlich macht er in allen würzigen Drinks gute Figur, etwa der verschlankten Variante des nahen Verwandten einer „Bloody Mary“, dem mit Gin gemixten „Red Snapper“. Michael Kreuzer (kl.Bild) aus der Linzer Bar Frau Dietrich serviert ihn mit geklärtem Tomatensaft und etwas Zitronenwürze von Alois Gölles. Der hieß dann konsequenter Weise auch „White Snapper“. Ein herrlicher Schluck, wie man ihn sich zur Reparatur nach durchzechten Nächten wünscht!
Fünf weitere Bars neben der Dietrich werden im November übrigens auch mit diesem salzig-g’schmackigen Gin mixen. Neben Truth&Dare und der krypt sind das die Wiener Trinkstätten Fitzcarraldo und Moby Dick sowie die Grazer Katze Katze. Wunderbar würzige Rezepte sind da garantiert.
Bezugsquelle:
Monkey 47, Distiller’s Cut 2024 („Capparis“) wird am 28. November ab 17.48 Uhr beim Wiener „Fenstercafé“ in der Griechengasse um EUR 79,95 (0,5 Liter-Flasche) erhältlich sein, so lange der Vorrat reicht, www.facebook.com/fenstercafe