Über die Wein-Präsentation von Gawein Bruckner gab es ja da und auch da schon einiges zu lesen. Doch natürlich besteht ein großes Sortiment nicht nur aus den raren Rebsorten, die wir in den ersten beiden Trinkprotokollen vorstellten. Neue Favoriten und die Bestätigung alter Stärken hat aber auch Folge drei der Nachlese zum Tasting beim Stadtwirt zu bieten. In Erinnerung bleibt etwa das Gespräch mit Winzer Günther Brandl (kl. Bild rechts) aus dem Kamptal. Der Zöbinger ist stark in der Gemeinde engagiert, seine Beobachtungen zum Klimawandel – bei Wassermangel ebenso wie früher Lese – gehörten zu den luziden Anschauungen zu diesem Thema. Denn sie wurden direkt in der Natur, u. a. beim Graben von Drainagen, gewonnen.
Doch wir wollen nicht mit Wasserbau-Details langweilen. Zu gut sind die Weine, die Brandl neben unseren Fachsimpeleien einschenkte. Vor allem der Vergleich der beiden Grünen Veltliner „Ried Lamm“ und „Ried Kogelberg“ wußte zu gefallen. „Im Weingarten und Keller waren sie nahezu gleich“, so Brandl zu den 2023ern. Er will vor allem den Bodenunterschied sprechen lassen. Das gelingt bestens. Während der „Kogelberg“ eine an Zitronenmelisse erinnernde Art mitbringt, darf der „Lamm“ etwas breitere Schultern aus dem Tanktop blitzen lassen. Die Frucht wirkt bereits im Duft deutlich reifer als beim typisch-apfeligen „Kogelberg“. Gelbe und reife Früchte, unter denen auch Banane und Mango zu finden sind, malen mit breiten Strichen das Duftbild des 2023er „Ried Lamm“.
Man erwartet, dass er auch vollmundig auf die Zunge kommt – und das tut dieser Lagen-Veltliner auch. Fett allerdings ist er in keiner Phase! Bananen schmecken wir zwar wieder, aber auch Weiße Schokolade. Diesen schmelzigen Kern umflirren aber Minze-Partikel. Sie sind nur ein „Marker“ für die ausgewogene Art, die auch ein Veltliner mit 14% vol. haben kann. Der „Ried Lamm“ gibt also einmal mehr Anlass zum Plädoyer: Nicht an Einzel-Werten festklammern! Wenn das Gesamtpaket stimmt, ist auch die Alkoholstärke (oder der Restzucker) nur ein Puzzleteil.
Ein Klasse für sich, wenngleich immer etwas zurückhaltender in der Jugend, ist der Riesling vom Heiligenstein. Hier spricht wirklich die Lage, denn der Duft nach rotem Apfel und Papaya – als Speerspitze einer ganzen Latte an roten Tropenfrüchten – gehört nicht zu den typischen Noten der Rebsorte. Brandls 2022er Riedenwein bringt dezent auch Nuss-Marzipan mit. Der Kostschluck hingegen fällt saftig aus und zeigt von Beginn an einen feinen, lebendigen Nerv. Will man ihn aufschlüsseln, stehen etwa mineralische Noten (im Nachklang dann fast schon Salz) zu Buche, aber auch die Pfeffrigkeit dieses Weißweines ist beachtlich. Am schönsten allerdings finden wir den rauchigen Touch, der den Kern aus Frucht – hier vor allem Nektarine – umspielt. Wie gesagt, darf man hier noch ein bisserl Flaschenreife anhängen. Doch die Klasse dieses Weines zeigt einmal mehr, warum manche Riesling-Freunde mittlerweile Kamptaler Spitzenlagen der Wachau vorziehen. Bitte merken: Brandls Ried Heiligenstein 2022!
Wobei die Wachau mit einem Vertreter eines gleichfalls sehr frischen Stils unmittelbar daneben bei der Tischpräsentation vertreten war. Karl Holzapfel, mit seinem Prandtauerhof eine Institution auch als Brenner und Gastwirt, hatte vor allem ein famoses Federspiel am Start. Während anderswo im Weinbaugebiet an der Donau hochreife Versionen dieses Typs Sorge (beim Winzer) und Freude (beim Konsumenten, der den Preis für „Smaragde“ spart) hervorrufen, notierten wir hier „FSP wie früher“. Der Weißenkirchener Wein stammt aus dem Jahrgang 2023 und verbindet Lagen in der Ebene und auf den Terrassen zu einer köstlichen Haus-Mischung, die bereits sehr duftig beginnt: Akazienblüte, heller Apfel und etwas Guyot-Birne sind da zu riechen, aber auch ein klares Zitrusfrucht-Odeur wie von frischer Grapefruit.
Diese zitronige Frische begegnet uns am Gaumen wieder, hier gleich zu Beginn mit einem Häufchen Schnittkräuter verbunden. Dahinter findet sich ein Marillen-sattes Fruchtpaket. Wie man es manchmal bei diesem Steinobst findet, begleiten fast pikant würzige Noten die Säure und mit diesem sehr anregenden Geschmack klingt das Federspiel aus. Man ist erfrischt und will das wieder sein – so wird der „Zehenthof“ 2023 zu dem, was man in der Tee-Sprache einen „self-drinker“ nennt. Oder eben zu einem Weißwein dieser Kategorie, die man ihn aus den 1990er Jahren kennt.
Das Herauskitzeln der Würze gelingt dem Routinier Holzapfel auch auf der Smaragd-Ebene, der höchsten Qualitätsstufe der Vinea Wachau. Dafür stand die „Ried Achleiten“ ein, die als 2022er Jahrgang präsentiert wurde. Gelbe Kiwi und richtig viel Kräuter-Anmutung machen hier die erste Nase aus. Giersch und Koriandergrün machten wir aus, erst in der zweiten Lesung kam mehr Frucht zum Vorschein. Auch sie ist als Grüne Mango angenehm kühl gehalten. Im Mund setzt sich das fort, wenn auch mit einem herrlichen Biss, den die straffe Art dieses Holzapfel-Weins von der ersten Sekunde an vorlegt. Die Säure stützt die frische Seite dieses Smaragds, während Mango und eine Grüne Papaya für einen Tropenfrucht-Charakter sorgen, der ungewöhnlich ist. Weil er eben betont kühl ausfällt und doch sehr schmelzig wirkt. Ein Paradebeispiel eines leichtfüßigen, aber keineswegs unterkomplexen Veltliner-Smaragds!
Bezugsquellen:
Weingut Günther Brandl, Grüner Veltliner „Ried Lamm“ 2023 kostet EUR 21,25, der Riesling „Ried Heiligenstein“ 2022 ist um EUR 17,40 erhältlich;
Weingut Holzapfel, Riesling Federspiel „Zehenthof“ 2023 kostet EUR 16,20, der Grüne Veltliner Smaragd „Achleiten“ 2022 ist um EUR 28,80 zu haben; alle vier Weine bei Gawein Bruckner, www.gawein.at