Des Öfteren haben wir schon mit Hans Schwarz gezecht – der Genussmensch aus dem Seewinkel ist ein bekannt großzügiger Gastgeber. Und sein Mutterwitz bezaubert selbst als steif bekannte Weltgegenden wie die Schweiz und Norddeutschland. In beiden gehören viele Weinfreunde zu den großen Fans der Andauer Weine. 25 Jahre ist es heuer her, dass es überhaupt Flaschenfüllungen vom gelernten Fleischer gibt. Der „Schwarz Rot“ ist Teil der österreichischen Weingeschichte: Als eines der wenigen Beispiele für reinsortigen Zweigelt von Rang wird er wie Josef Umathums „Hallebühl“ bis heute gern zitiert. Oder besser gesagt: Sortenskeptikern eingeschenkt, wenn sie wieder über die ertragsstarke Sorte und ihren politisch verirrten Züchter herziehen.
Michael Schwarz führt solche Debatten erst gar nicht. Er ist auch kein Wein-Ideologe, wenngleich ein bestens (Universität für Bodenkultur) ausgebildeter Zeitgenosse, der lieber die Flasche selbst sprechen lässt. Sagt dann der Verkoster etwas, bleibt es entweder einsilbig, wie die Seewinkler es auch gut sein können, oder führt seinen Ansatz deutlicher aus. So erkennt man schnell, ob man den Wein „verstanden“ hat. Ein wohltuender Dialog-Stil in Zeiten, wo jedem Halbwissen recht gegeben wird in der Hoffnung, ein paar Flascherl Wein mehr zu verkaufen! Bei Schwarz jun. ist die Aufgabe einerseits leichter, weil es heute klare Weinlinien wie „Kumarod“ gibt, die sich eher über Trinkanlässe als über Trauben und Herkünfte (viele der verarbeiteten Trauben stammen auch vom Leithaberg) definieren.
Zum anderen muss auch das Flaggschiff „Schwarz Rot“ und seine Begleiter in die Moderne geholt werden. Der damals revolutionäre, den großen Kühlräumen der Fleischerei geschuldete Ansatz, die Trauben nach der Lese zu kühlen, ist heute Standard. Der intensive Barrique-Einsatz allerdings ist bereits seit einigen Jahrgängen im „Fade out“-Modus. Womit sich in der Verkostung mit dem 37-Jährigen selbst bei „alten Bekannten“ durchaus Neubewertungen ergaben.
Bei der Einstiegslinie „Kumarod“ etwa macht der „Weiss“ bereits viel Freude. Die leistbare Linie, für die es kaum eine bessere deutsche Bezeichnung gibt als „Easy Drinking“ trägt drei „Fedan“, Dorfälteste im Fiata beim Tratsch am Bankerl, als Logo. Was sie gesagt hätten zu dieser Cuvée aus Welschriesling und Scheurebe ist nicht überliefert. Für uns ist dieser sommerliche Wein mit zwei Gesichtern wie eine Aufforderung, in den Pool zu springen. Während die Nase noch in die tropenfruchtige Welle des „Kumarod“ (Grüne Mango und Ananas) taucht, wirkt er geschmacklich noch erfrischender. Gelber Apfel ist da zu schmecken, der noch ordentlich Säure hat. Die beiden Gesichter – mollig-cremige Exotik und packende Bodenständigkeit – wissen zu erfreuen. Ein wenig wie eine Topfencreme mit viel frischen Früchten wirkt diese Kombi. Das muss man nicht analysieren. Nur trinken!
Ähnliches gilt für den Rosé, den es unter dem „Kumarod“-Label gibt. Fast versteht es sich von selbst, dass hier Zweigelt mit 80% den Ton angibt. Für Fruchtigkeit und Würze gibt es noch je 10% Blaufränkisch und Pinot Noir dazu. Mit nur 11,5% ist die Leichtfüßigkeit vorgegeben. Der Duft liefert eine ein frühlingshaftes Potpourri aus Weichseln und Ribisln. Am Gaumen findet sich bei dem früh gelesenen Rosé eine fast prickelnde Lebendigkeit, die von der Säure eingebracht wird. Sie begleitet einen ungewöhnlichen – da klar Weißwein-frischen – Touch: Dieser „Kumarod“ schmeckt nach Steinobst. Man darf sich das wie eine saftige Nektarine mit roter Schale vorstellen, die für Struktur in einem durch und durch trinkanimierenden 2022er sorgt.
Ebenfalls markant, in diesem Falle nicht durch ein Niki Eberstaller-Bild, sondern einen Entwurf Deborah Sengls, sind die Weine der Linie „The Butcher“. Dass sie eine Hommage an die erlernte Profession von Schwarz père et fils darstellen, ist klar. Dass die Eleganz sich ausgerechnet mit dem Herrn Fleischermeister am Label verbindet, erwartet man vielleicht nicht so. Wir staunten einmal schon über die Cuvée aus den Rebanlagen in St. Georgen (hier nämlich). Doch diesmal war der Chardonnay aus dieser Serie (aktuell wird 2022 verkauft) einer, der deutlich aufzeigte. Eine Riesling-hafte Nase ist die erste Überraschung: Pfirsich pur, etwas weißfleischige Birne, die schon eher an Burgunder erinnernd, und eine feine Dosis Vanille sind zu riechen.
Mit 15% Holz-Einsatz wird der im Stahltank ausgebaute Weißwein etwas „abgerundet“, diese Ratio macht absolut Sinn. Denn diesen Schwarz-Wein sollten sich alle vormerken, die Raffinesse und Frucht zugleich suchen. Die Säure wirkt fast schon packend am Gaumen, die dahinströmende Fruchtigkeit wird aber auch von einem weiteren Element in die – richtigen! – Bahnen gelenkt: Ein feiner Rest von Gerbstoff unterstützt den Trinkfluss noch.
Wie guter Espresso – der aktuelle „Schwarz Rot“
Aber natürlich sollte nun auch der Wein verkostet werden, der das Weingut einst begründet hat. Und der durchaus einen radikalen Stilwandel von einem extrem dichten Rotwein mit Wartezeit von 12 Jahren+ auf das Genussplateau hinter sich hat. Auch hier schenkt Michi Schwarz den Jahrgang 2022 ein. Er wird noch nicht bei allen Händlern geführt, doch der Wind hat sich gedreht. Denn dieser „Schwarz Rot“ ist überaus zugänglich. Eine Warnung sei aber angebracht: Wer nicht viel Zeit hat, soll ihn bleiben lassen. Denn bei diesem Füllhorn gewordenen Zweigelt entdeckt man minütlich Neues!
Würzige Noten, besonders Wacholder, wie ein Bach fließender Kirschsaft, ein süß-saurer Umami-Ton, den sonst 25 Jahre alter Edel-Balsamico aufweist, sind nur die ersten Eindrücke. Nougat kommt hinzu, den ganz ohne Fass geht es nicht ab, wobei dessen Charakter erstaunlich sanft (für die Jugend des 2022ers) ausfällt. Wie Erdbeeren mit Grünem Pfeffer und Schokoguss fällt ein Eindruck am Gaumen aus. Aber auch das ist nur ein Moment. Denn bemerkenswert lang ist der Nachhall. Man liest das oft, hier sprechen wir von Minuten. Der Hall schmeckt wie ein Espresso, den man schon vor zehn Minuten geleert hat. Es ist reifes Tannin, das so wirkt, vor allem aber verbindet es sich mit dunklen Beeren, über die wir bisher noch gar nichts gesagt haben. Ein wahrlich großer Österreicher und sensorisch klar KEIN Blaufränkisch. Wobei man in der Bildprobe einmal auf Zweigelt kommen muss. Denn so perfekt erlebt man ihn reinsortig eben kaum.
Bezugsquellen:
Weingut Schwarz, der Kumarod „Weiss“ 2022 ist um EUR 9,24 über den Versandhandel Vinorama zu haben, www.vinorama.at
Kumarod „Rosé“ 2022 kostet z. B. 7,90 Euro beim Onlinehandel Nere.Vin, www.nere.vin
Chardonnay „The Butcher“ 2022 ist EUR 9,20 bei Vinospirit erhältlich, www.vinospirit.at
Der Parade-Zweigelt „Schwarz Rot“ 2022 kostet 45,90 in der Burgenland-Vinothel bzw. deren Online-Store, https://burgenland-vinothek.at