Gedanken zur gegenwärtigen Wein-Situation des Burgenlands waren ihnen zu wenig: Als reimagine.pannonia tun Roland Velich, Hannes Schuster und Christian Tschida auch etwas für die Verbesserung der Weinwelt. Geplant ist einiges, vom Manifest bis zur Flaschen-Edition. Die genauen Pläne des international u. a. für filigranen Blaufränkisch gefeierten Trios stehen hier nachzulesen. Denn der FIATA war für die Details der Präsentation zuständig. Wir freuten uns hingegen, wieder einmal mit Tschida einen Wein trinken zu können. Immerhin gehören einige seiner Magnums mit ihren Künstleretiketten (Mel Ramos‘ „Peek-a-Boo Pam“) zur Dekoration unsres Kostraums.
Der „Birdscape“ trägt auch Kunst, vor allem aber passt er auch zur Anekdote, mit der sich der Illmitzer an seine ersten Versuche mit einem nur 12,5% vol. starken Blaufränkisch erinnerte: „Da hieß es gleich „Des is jo koa Weu““! Nun, der Wein, den man in der Cucina Itameshi ausschenkte, wies nur 11,5% vol. auf. Der kleine Untertitel „Pink Maceration“ verweist auf einen Bereich, der zwischen Rosé und Rotwein liegt. Mehr Auslaugung von Farbe und Geschmack, als man es für den rosa Wein macht, aber eben zu wenig für einen „echten“ Roten. „Tertium datur“, würde der Logiker sagen. Und der Germanistiker Hermann Broch zitieren, weil das eh sonst keiner macht: „Nicht mehr und noch nicht“.
Doch es geht nicht um den „Tod des Vergil“, von wo das Zitat stammt, sondern um einen neuen Wein-Stil. Ein wenig ist er dem schlanken Blaufränkisch Claus Preisingers verwandt, wobei der „Bonsai“ 2022 auf ganz anderem Wege (und nur mit einer Sorte) dorthin gelangt, was wir hier beschrieben haben. Christian Tschidas „Birdscape“ verdankt den Namen einem Kunstwerk von Erró. Der Isländer, mittlerweile 92 Jahre alt, hatte einst schon das Label-Motiv zu Tschidas „Red Sonja“ geschaffen. Mittlerweile ist das ursprüngliche Wimmelbild mit verschiedenen Vögeln – vom Käuzchen bis zum Wiedehopf – aber adaptiert worden. Layer für Layer wurden die einzelnen gefiederten Freunde übereinander gezeichnet. Und symbolisieren so die Vielfalt.
Die Speise-Empfehlung gibt es noch vor dem Trinkprotokoll des Weins. Denn sie stammt diesmal von „Mr. T“ selbst, der eigentlich einen Wein schaffen wollte, um ein vegetarisches „Steak“ von der Roten Rübe zu begleiten. Christian Tschida verliebte sich in Kopenhagen in dieses Gericht und begann anfangs mit einem intensiveren Rosé zu experimentieren. „Den Wein im Keller so hinzubiegen“ entsprach aber gar nicht seinem Naturell (das NATUR so groß schreibt). Der Zufall spielte aber mit – in Form eines 40 Jahre alten Weingartens in Purbach. In der Riede Thenau fanden sich 20 Rebsorten gemischt ausgepflanzt, darunter auch weiße Trauben.
Sie machen heute 5% im „Birdscape“ aus, die erste Geige spielt immer jedoch der Blaufränkisch. An ihm orientiert sich auch der Lesezeitpunkt – zuletzt Mitte September. Die Thenau bringt neben Leithakalk auch Schiefer mit, was sich in diesem Fall auch deutlich zeigt. Denn der Alamandine-rote 2023er riecht nicht nur nach Carob, Hibiskus und herben, roten Früchten (Schlehe und Kornellkirsche). Sondern er zeigt einen so markanten Wacholder-Geruch, dass man sogar die Sorte benennen könnte, die so frisch-würzig und nicht dumpf-erdig riecht. Es ist Juniperus phoenicea.
Dass der leichte Alkohol dem Trinkfluss hilft, wurde schon angedeutet. Allerdings wurde auch die Gär-Kohlensäure belassen, was zu Beginn ein ganz leichtes Prickeln auf die Zunge bringt. Die Schlehe ist wieder zu schmecken, dazu Rooibos-Tee, Granatapfel und – wer’s kennt! – auch die nur auf einer Seite rot gefärbten Kirschen. Dieser Geschmack, in den sich ein Alzerl Erdbeere, auch hier jenseits irgendwelcher Überreife-Töne, mischt, ist wichtig. Denn er sorgt für eine fast Saft-artige Frucht, die zusammen mit der Leichtigkeit des „Birdscape“ ordentlich Trinklaune macht. Zu dieser Süffigkeit trägt dann auch noch ein erstaunlich sanfter Gerbstoff bei, der nahezu gänzlich abgeschliffen wirkt. Beziehungsweise gar nie da war – wie ein rosa//rotes Phantom. „Wenn Du nicht lange auslaugst, holst Du auch nicht viel davon raus“, kommentierte Tschida unseren Eindruck. Tja, so einfach kann es manchmal sein.
Bezugsquelle:
Christian Tschida, „Birdscape“ (Pink Maceration) 2023 kostet EUR 32,50 bei WeinSkandal, https://weinskandal.at/