Ein „UpGrape“ nannte man es in Döbling: Zum 200. Geburtstag von Firmengründer Johann Kattus I. stellt die neue Generation des prickelnden Familienbetriebs (Johannes Kattus und Maximilian Nimmervoll) das neue Erscheinungsbild von Frizzantes und Sekten von Kattus vor. Zum einen soll die Handarbeit und die Rebsorte bei den Flaschen-vergorenen Schaumweinen deutlicher werden. Zum anderen hat man mit dem großen „K“ eine verbindende Klammer für die „Bubbles, made in Vienna“ geschaffen.
Die sommerliche Party dazu in der Billrothstraße konnte sich sehen lassen, zumal viele die Kellerei selbst und ihre Reifegewölbe das erste Mal im Detail kennenlernten. Unsereins kannte sie schon und freute sich dafür umso mehr über das Wiedersehen mit dem langjährigen Herrn über die Sektkeller, Kellermeister Herbert Pratsch. Er stand auch hinter der Überraschung, die es zwischen Austern, Rinderfilet und Çiğ Köfte im Glas gab. Denn der Schaumweinbar gab es den ersten „Pét Nat“ der Wiener zu verkosten. Er entstammte einem Experiment, von dem wenige 1000 Flaschen gefüllt wurden – und das insgesamt vier Jahre Flaschengärung hinter sich hat.
Zur Erinnerung: Beim „Pétillant Naturel“ entsteht die Kohlensäure durch einfache Vergärung in der Flasche. Vor dem bei der Champagner-Methode üblichen, kontrollierten Einsatz des „Liqueur de tirage“ für die zweite Gärung von Grundweinen in der Sektflasche, wandte man das herkömmliche Verfahren an. Wurde vom Winzer dabei der Restzucker des Weins genau berechnet, ging sich das auch ohne explodierende Flaschen aus. Der französische Terminus „méthode rurale“ (öfter auch: „méthode ancestrale“) verweist noch auf diese historischen Wurzeln.
Als „Pét Nat“ feiert dieses Glücksspiel mit Zucker und Kohlensäure statt Würfeln oder einer Roulette-Kugel wieder eine Renaissance. Allerdings belässt man den Wein selten vier Jahre auf der Hefe. Offen wir auch auf die Corona-Jahre angespielt, in denen man dieses Experiment Pratschs schlicht nicht lancieren wollte. Das „Vergessen“ dieser Charge bescherte nun aber eine Überraschung. Denn der reinsortige Welschriesling ist besonders. Weshalb er auch die Linie unorthodoxer Sekte einläutet, der man den zweiten Vornamen des Kattus-Gründers gegeben hat: „Nepomuk“.
Übersehen kann man die Flasche nicht, denn sie hat buchstäblich einen Bart. Nicht wegen der längeren Reifezeit, sondern weil man den prächtigen Schnurrbart von den historischen Bildern Johann Nepomuk Kattus‘ „fühlbar“ – also im erhabenen Druckbild – auf die Etiketten gebracht hat. Was gut zum Erstling passt, der aus der Reihe tanzt: Rooibos und Akazienblüte garnieren einen Duft, der nur anfangs die mostigen Hefetöne eines typischen „Pet Nat“ aufweist. Schnell aber – und wir regen die Zuhilfenahme eines Weinglases an – hat man einen Duft nach Zesten und Steinobst in der Nase. Die Manzanilla-Sherry-artige Hefeton verklingt.
Das Zitrusbaiser auf der Zunge entspricht schon eher dem wahren Eindruck von diesem ultra-trockenen „Sprudel“. Den Sortencharakter des Welschriesling vertreten überzeugend auch Lagerapferl und etwas Quitte. Überaus elegant wirkt die recht fein strömende Perlage. Richtig trinkfördernd aber wird der „Nepomuk“ aber im Finale. Da sorgt eine klare Grapefruit-Anmutung (inkl. animierendem „Bitterl“) für einen nahezu salzig-herben Ausklang. Man will gleich nachtrinken von diesem Apéro der neuen Generation. Und da hätte auch der bärtige Johann Nepomuk seine Freude gehabt!
Bezugsquelle:
Kattus, Pét Nat „Nepomuk“ kostet EUR 14,90 (0,75 Liter-Flasche) im Ab-Hof-Verkauf (Mo-Do: 9-16.30 h; Fr. 9-12 h) in der Wiener Billrothstraße, https://kattus.at