Kalligraphisch umgesetzt, grüßt unser Namenszug im The Londoner. Zum Glück sitzt die „Cocktail attire“, der Dresscode von Suntory zur Geburtstagsparty. Vor 100 Jahren gründete Shinjiro Torii die Yamazaki-Brennerei in der Nähe von Kyoto. Fruchtigen Wein erzeugte er bereits zuvor, doch mit dieser Innovation wurde er zum Gründer von Japans Whisky-Industrie. Das feierten Master Blender Shinji Fukuyo, Sofia Coppola und Hollywood-Star Keanu Reeves an der Spitze der 100 Gäste (wir hatten Tischnummer 97 – Glück gehabt 😊!). In vier Gängen wurde die Geschichte des Hauses flüssig inszeniert. Der neue Film der Oscar-prämierten Regisseurin führte das legendäre Motto „Suntory Time“ aus Coppolas „Lost in Translation“ wieder ein. Es wurde das Motto des festlichen Abends. Und ergab ein zweites Jubiläum; denn 20 Jahre alt ist auch der Auftritt mit Bill Murray als Whisky-Trinker. In der aktuellen filmischen Hommage an die 100 Jahre, die Francis Ford Coppolas Tochter verantwortet, tritt dafür Keanu Reeves auf.
Sympathisch wie er ist, hielt er auch die launige Festansprache, eine Doku-Serie zum „House of Suntory“ soll ebenfalls heuer noch folgen. Doch zurück zum Fest in London, wo auch zwei der vier Sondereditionen erstmals verkostet wurden. Den Auftakt bei den Getränken machte ein Doppel aus 18 Jahre gereiften Yamazaki-Whiskys. Der „normalen“ Version, die ohnehin schon ein gesuchtes Japan-Aushängeschild ist, stand die Jubiläumsedition „100th Anniversary“ gegenüber, die in japanischer Wassereiche alias Mizunara gereift wurde. Der Unterschied war ebenso interesant zu sehen wie auch schmackhaft. Während der im Sherry-Fass gelagerte und deutlich dunklere „18 years“ eine regelrechte Süßigkeit – Toffee, Salted Caramel, Marzipan und final weinige Säure – darstellte, war der „Yamazaki 18 Year Old Mizunara” anders gepolt.
Auch bei der Jubiläumsedition kamen die Patisserie-Düfte durch, das Orangen-Marzipan traf sich mit süßem Malz in der Nase. Mit Luft nahm auch die Steinobst-Seite Fahrt auf; Nektarine und Pfirsich-Schale notierten wir dazu. Spannend wird es dann, wenn der mit 48% vol. recht kräftig gefüllte Whisky auf die Zunge kommt. Wie ein süßes Malzgetränk lässt sich der aus dem Mizunara-Fass stammende Japaner an. Die tropischen Noten, für die dieses Holz bekannt unter Single Malt-Freunden ist, zeigen sich hier als Mango, allerdings nicht strahlend frisch – eher wie die „pickled mango“ beim Inder.
Dieser Eindruck verstärkt sich ab der Gaumenmitte, wenn die Würzigkeit Fahrt aufnimmt. Schwarzer Pfeffer ist dann zu schmecken, ehe die dritte Geschmacksstufe gezündet wird: Kardamom und Zimtrinde, ein wenig getrockneter Ingwer auch, sind zu schmecken. Das alles verbindet sich zu einem Gesamteindruck, der an Datteln und Kampot-Pfeffer erinnert. In den besten Momenten wirkt dieser Whisky, für den mit 1.500 Euro pro Flasche zu rechnen ist, tief fruchtig und würzig-trocken zugleich.
Rauchiger Hakushu zum 100er: Kiwi trifft „Nussini“
Einen grandiosen (allerdings ebenfalls vierstellig bepreisten) Whisky stellte man dann als weiteren Teil der „100th Anniversary Limited Edition“ vor. Der „Hakushu 18 Year Old Peated Malt” hat zwar nur ein leichtes Level an Phenol, dessen Angabe man mit „maximal 25 ppm“ einschätzte. Doch die erste Nase erinnert an Fahrrad-Pickzeug und Gummispielzeug – das Jugend-freie, meinen wir hier. Danach macht sich eine Note bemerkbar, die ebenso in die Kindheit zurückführt. „Nussini“ hieß damals die Schokolade-Haselnuss-Schnitte, die immer einen markanten Röst-Geruch aufwies. Ihn zeigt auch der Hakushu, der mit jeder Minute länger im Glas eine Probe von „gutmütigem Rauch“ gibt.
Um es klar zu sagen: Suntorys Rauch ist anders als Islay-Whisky. Hier haben wir es mit holzigen Noten, keinem Medizinschrank-Geruch, zu tun. Ein bisschen Lapsang-Tee, vielleicht sogar noch besser: Earl Grey, ist zu riechen. Der Mix aus herben Noten, Rauchigkeit und dezenter Frucht prägt auch den Gaumen. Hierkommen die trockenen und holzigen Noten noch schöner zur Geltung, vor allem die Edelnuss-Akzente (von Pekan bis zur schmelzigeren Macadamia) setzten sich im Nachhall durch.
Frucht schwingt maximal in dritter Lesung durch beim 18-jährigen Whisky, doch das täuscht ein wenig. Denn sie ist da, wie sich in der neben dem puren Whisky eingeschenkten Variante zeigt. Die erstaunlichste Note dieser Jubiläumsfüllung kitzelt dann nämlich ein Mix mit stillem Wasser – in Japan als „mizuwari“ eine beliebte Whisky-Servierart – aus dem getorften Hakushu heraus. Man braucht ein wenig, bis man unter den exotischen Fruchtnoten herausfindet, was da am präsentesten ist. Und es ist….Kiwi. Die satte, grüne Fruchtigkeit, gepaart mit ein wenig Banane, überrascht komplett und überlagert hier sogar den Rauch-Ton. In beiden Varianten ein echter Genuss; da weiß man, warum man Whisky liebt!
Keanus Favorit: Der Luxus-Lebkuchen „Hibiki 21 years“
Seit der Party wissen wir auch, welcher der Suntory-Whiskies der Liebling von Testimonial Keanu Reeves ist. Er mag den „Hibiki 21 years“. Das kann man nachvollziehen, denn der mit 43% gefüllte Blend ist ein ebenso würziger wie sanfter Whisky. Die vielen Facetten kündigen sich im Duft dieses Luxus-Japaners bereits an: Intensive Fruchtnoten, die irgendwo zwischen Erdbeer-Marmelade und Orangen-Fruchtfleisch verortet sind, begleitet ein nussiger Zug. Für Franzosen sind das wohl die Gebäck-Noten eines Financiers (= Mandelküchlein), für unsereins denkt man an Manner-Schnitten. Jedenfalls sind es leichte Röstnoten, die sich mit Nuss und einer gewissen Cremigkeit paaren.
Das nimmt den Kosteindruck des „21 years“ vorweg, der in London mit einem wunderbaren Hand-geschnitzten Ice-Ball im Tumbler serviert wurde (danke, Marco Gheza!). Cremig ist dieser Schluck Whisky, alles Scharfe ist ihm fremd im Mundgefühl. Süß kleidet das Malz den Gaumen aus, die feine Haselnuss-Assoziation drängt sich wieder auf, dazu aber auch etwas Salzigkeit und ein cremiger Mix aus Kakao und Milch. Das ist die sanfte, die „Tiramisu“-Seite des Hibiki. Es gibt aber noch die andere. Diesen würzigen Einschlag nennen die offiziellen Kostnotizen „Räucherstäbchen“, doch da man selten an einem solchen leckt, würde wir es eher als „hard spice“ bezeichnen. Es sind Zimtrinde und Piment, die da im Nachhall fast explosiv einsetzen.
In Summe ist es ein flüssiger Edel-Lebkuchen, den der „John Wick“- und „Matrix“-Hero so gerne trinkt. Und dieser Whisky ist auch ein wunderbares Symbol für die Moderne bei Suntory. Denn mit diesem Schluck endete auch die Fete des japanischen Whisky-Pioniers. Man kann zu diesem fulminanten Feier-Abend nur ein fettes Arigatou gozaimasu (ありがとう) sagen!
Bezugsquellen:
Hibiki, 21 years old kostet EUR 1007,- (0,7 Liter-Flasche)
Yamazaki, 18 years old wird um EUR 906 angeboten, beide bei Whisky.at.
Für die Jubiläumsedition „Yamazaki 18 Year Old Mizunara“ gibt es aktuell nur einen Richtpreis (ca. EUR 1.500), das gilt auch für den „Hakushu 18 Year Old Peated Malt” (da sind EUR 1.200 veranschlagt).