Der walisische Whisky ist nach wie vor ein großer Unbekannter. Mehr als 100 Jahre gab es ihn in der Wahrnehmung außerhalb von „Cymru“, dem mythischen Teil Großbritanniens, auch nicht. 1903 schloss die große Brennerei, danach dauerte es mehrere Anläufe, bis König Charles III – damals noch als Prince of Wales – 2004 die erste Flasche Penderyn in Empfang nahm. Mittlerweile hat man eine ganze Reihe von Abfüllungen draußen, wie eine Verkostung mit Bastian Denkler klar machte. Der Markenbotschafter führt in den Ferien sogar durch die Brennerei, er kennt die Eigenheiten der Produktionsstätte in Brecon Beacons also bestens. Etwa die eigentümliche Brennblase, die als „Faraday still“ auf eine klassische Whisky-Destille eine Kolonne anschließt und so auf kräftige 88 Volumsprozent in einem Durchgang destillieren kann.
Die Dinge anders zu machen als Schottland und Irland war den Gründern wichtig, um ein walisisches Profil zu schaffen. Dass es am Ende ein „all female Team“ wurde, das heute Penderyn destilliert, ergab sich einfach so. „Definitiv kein Frauen-Whisky“, so Denkler, sei aber, was da in den drei Serien (Dragon, Gold, Icons of Wales) in die Flasche kommt. Aista Phillips und Laura Davies bringen aber auch einen interessanten Haus-Stil mit, der von einer verpflichtenden Reifung in ehemaligen Madeira-Fässern lebt. Jim Swan, der legendäre Whiskyberater, hat die Fässer von der portugiesischen Insel favorisiert, weil sie schnell ein junges Destillat abrunden. Mit karamelligen Noten, aber auch viel Frucht. Die typischen Malz-Noten sind also selten bei Penderyn, dafür kann schon der Einstige in die Whiskywelt von Wales einiges.
Sie nennt sich „Legend“ (warum tiefstapeln als Newcomer?) und zeigt neben den holz-lastigen Duftnoten auch eine Qualität, für die es selten ein gutes deutsches Wort gibt. „Briny“, würde man in UK sagen, wo man damit die säurig-pikante Qualität von Gurken-Einlegeflüssigkeit beschreibt. Der grüne Apfel – er wird uns mehrfach begegnen im Tasting – gesellt sich ebenfalls hinzu. Ein exotischer Duft, der an Papaya und Guave anklingt, ist auch nicht von der Hand zu weisen. Altersangabe weist der „Legend“ keine auf, er dürfte an der unteren Mindestzeit angesiedelt sein, also in Richtung vier Jahre marschieren. Das ist aber nicht entscheidend, denn sein Geschmack nach frischen Früchten (Apfel und Birne vorzugsweise) ist durchaus gedacht, ein Bier zu begleiten. „Komplexitätsmonster“ (© Markenbotschafter Denkler) ist er keines, aber auch keiner der zahllosen jungen Whiskys, die einen unterfordern oder – noch schlimmer! – mit Holz erschlagen. An der Tischplatte lutschen, kommt oft billiger!
Dass es kein Glückstreffer war, unterstreicht ein weiterer Einsteiger-Schluck aus der Dragon-Reihe (bekanntlich ist der Drache walisisches Wappentier). Er nennt sich „Celt“ und spielt damit nicht nur auf den historischen Schutz an, den die vertriebenen Irokelten in Wales genossen haben. Es darf rauchig werden, wobei man das lieber indirekt macht. Kein Torfrauch kitzelt also das eigene Malz, dafür kommen neben den Standard-Fässern von Buffalo Trace aus Kentucky auch solche der Whiskyinsel Islay zum Einsatz. Und auch da sind es Lieblinge von Ex-Prince Charles, nunmehr dem King der Briten, nämlich solche von Laphroaig. Die intensiven Quarter Casks hinterlassen auch aromatisch deutliche Spuren – die Nase meldet Rauchmandeln vom Feinsten, der grüne Apfel zeigt sich als Signatur des Haus-Stils erneut, und dann sollte man ein wenig Ruhe geben. Denn der „Celt“ schließt sich mit Luft wunderbar auf. Dann kommt zart röstiger Tee durch, mit der frischen Frucht beinah schon wie „Earl Grey“ duftend, auch die Tropenfrucht-Mischung ist im Hintergrund präsent.
Der erste Schluck bringt neben einem runden Eindruck und der Sanftheit von 41% vol. Schokolade und etwas Orange mit. Der „smoky“ Unterton wird im Trinkverlauf schnell stärker und sorgt für einen trockenen Ausklang des „Celt“. Hier trifft die Rauchmandel-Note auf den leichten Pfeffer-Touch, die die Süße nicht ablösen, sondern schön mit ihr spielen. Ein wirklich feiner Schluck für wenig Geld.
Vom Geld zum Gold! In dieser Serie, die mit dem nationalen „Aur Cymru“ am Label glänzt, wird es substantiell älter, irgendwo um die acht Jahre sollen die fünf Whiskys sein, die dieser Range angehören. Neben dem nussig-pikanten „Sherry“ und dem „Madeira“ (satt und karamellig) gehören auch der „echte“ Rauch-Meister namens „Peated“ sowie der nach brauner Butter und roten Früchten schmeckende „Port“ dazu. Die Hommage an die versiegten Goldbergwerke Wales‘ fällt aber für uns am überzeugendsten beim „Rich Oak“ aus. Was nicht nur mit dem Geschmack zu tun hat, denn da punktet auch das Rauch-Paprika-Finale des „Peated“ durchaus. Doch das Mundgefühl des „Rich Oak“, der als jüngster Neuzugang die Riege der 46% vol.-starken Penderyns verstärkt hat, ist eine Klasse für sich.
Pekan-Nuss und der Apfel, den wir an sich schon kennen, der hier aber gedörrt auftritt (wie Apfelschlankerl), legen einmal vor. Die Tropenfrüchte bleiben auch bei mehr Alkohol klar erkennbar. In diesem Fall sind es Ananas-Chips und etwas weniger expressiv auch Papaya-Würferl. Die Überraschung zu diesen schon bisher gekannten, nur potenzierten Eindrücken liefert aber der Geschmack. Geschmeidig wie nur, liefert der „Rich Oak“ hier die Bestätigung für seinen Namen. Und nicht der „holzige“ Teil gibt Stoff, sondern die reichhaltige Seite. Bei einem derart viskosen Mundgefühl drängen sich eine Reihe Assoziationen auf: Mandelcreme, Kokosmilch, aber auch Haselnusswaffeln mit Karamell. Es ist keine röstige „Manner“-Schnitte zum Trinken, viel eher schon ein „Milky Way“, in das man feine Pfeffer-Töne und fruchtige Schichten gemischt hat.
Bei einem Whisky wie diesem versteht man, warum sich auch der nationale Fußball-Superstar i. R. Gareth Bale in Brecon Beacons eingekauft hat. Eine „Icons of Wales“-Abfüllung (wie Dylan Thomas oder Bryn Terfel) hätte man ihm sicher auch so gewidmet. Aber offenbar taugt ihm, was da an walisischem Whisky aus dem Fass kommt. Können ja auch wir Nicht-Kicker verstehen!
Bezugsquelle:
Penderyn, “Legend” Single Malt Whisky kostet EUR 27,90, der „Celt“ 36,90 (0,7 Liter-Flasche), der “Rich Oak” ist um EUR 49,90 zu haben, alle beim Online-Handel Weisshaus, www.weisshaus.at