Die kalifornische Weinszene kennt so manche Kult-„winery“. Harlan Estate und der ebenfalls der Familie gehörende Einzellagen-Raritäten-Erzeuger Bond gehören in jedem Fall zu den auch in Europa bekannteren. Erst später kam auch die schwer auszusprechende Promontory Winery hinzu. Denn William Harlan hatte das Territorium (320 Hektar) bei Oakville schon in den späten 1980ern im Visier. Das schroffe, nahezu durchgehend bewaldete Stück faszinierte ihn beim Wandern. Kaufen konnte er es aber erst 2008.
Bis es die ersten Weine gab, sollte es noch länger dauern, vor allem solche, mit denen man auch zufrieden war – schilderte Sohn Will Harlan in Wien die Entstehungsgeschichte. Denn erst Geologen erklärten die ungewöhnlich sperrige Art der hier wachsenden Trauben: „Es ist ein rarer Fall von metamorphem Gestein“, was die 32 Hektar Cabernet-Weingärten zu einer Art „Insel“ im umgebenden Napa Valley macht. Gneiss, Schiefer und weitere Gesteinstypen machen alle paar Meter unterschiedliche Untergründe aus. Womit auch die Reifung zu einer Fahnenfrage wurde. Und man kann sich als Österreicher stolz mit „Wir sind Fass!“ auf die Brust klopfen. Denn im Keller werden nun Stockinger-Fässer verwendet (1600 bis 3500 Liter).
„Hier reift der Wein langsamer und sie überlagern auch nicht die delikate Struktur“, so Will Harlan. Der Tipp, das gibt er freimütig zu, kam von Roberto Conterno im Barolo-Gebiet, der schließlich auch kein unbekanntes Weingut führt. Harlan eröffnet die kleine Vertikale mit dem Jahrgang 2014, einem noch von gänzlich anderen Kellerentscheidungen geprägten Stil. Tiefgründig fallen hier die – leicht erdig verbrämten – Fruchtnoten aus. Sie erinnern an Preiselbeeren und Heidelbeere, allmählich aber öffnet sich auch die würzige Seite des Cabernets. Schwarzer Kardamom und die provenzalische Paste von Schwarzen Oliven (Tapenade) lassen sich zum dunklen, aber auch leicht säurigen Duft assoziieren.
Das Indiz der Jugendlichkeit, das hier aufblitzt, täuscht auch nicht. Denn aus einem unglaublich seidigen Mundgefühl streckt das Tannin noch deutlich seine Fühler aus. Adstringierend, aber ohne unangenehm zu sein, ist dieser an schmelzende Edelschoko erinnernde Geschmack. Die Frucht repräsentieren beim 2014er Kornellkirsche (Dirndl) und etwas Cranberry. In diesem Zustand jedenfalls ist der „Promontory“ noch für Jahre ein Wein mit viel Potential. 15 Jahre plus? Wie nichts!
Klarer Favorit des Tastings war ein Wein, der von einigen internationalen Verkostern auch mit der Höchstnote versehen wird. Der Jahrgang 2016 zieht bereits im Duft alle Register. Edelsüßer Paprika ist da, florale Töne von Hibiskus, Speckrauch und Kakaopulver. Das Jahr markiert das Ende einer Dürreperiode in Napa, fügte Mr. Harlan an, vielleicht merke man das auch. Zumindest ist ein Wandel des Geschmacks dar, nicht nur gegenüber 2014, sondern auch im Überhang der anfangs dunklen Beeren (Heidelbeere vor allem) auf eine helle Frucht, bei der man sich bisweilen die Augen reibt. Das kann doch nicht…..Pfirsich sein???
Nach hinten weg explodiert der 2016er Promontory förmlich; das Tannin scheint jetzt schon förmlich weggescheuert worden zu sein. So sanft ist das Mundgefühl, das unglaublich anschmiegsam alle Aromen dieses Rotweins im Mund verteilt. Von ihnen gibt es reichlich: Die blauen Beeren, aber auch ein ganz feiner Zug von Kräutern wie Thymian. Wie ein Schmusetier, das „nur spielen will“, wirkt dieser Cabernet, dem jede Strenge fremd scheint. „Strukturierte Coolness“, nennt das der Winzer. Man kann aber auch sagen: Weltklasse-Wein.
Als jüngster Jahrgang in der Winery, die 4,5 Jahre Lagerzeit als Standard praktiziert, wurde dann 2017 eingeschenkt. Er zeigt deutlich, wie sich der Stil verändert hat. Der Duft bringt bereits einen rauchigen Ton und Holz-Borke (welcher Baum? Nicht fragen, bitte!) über einem Kern aus intensiver Brombeere samt ihren Blättern mit. Denn hier kommt auch erstmals der Sortencharakter des Cabernet Sauvignon ganz klar durch: Würzige Düfte von pomodori secchi und Grünem Pfeffer beseelen diesen Geruch.
Am Gaumen zeigt sich der „Promontory“ vergleichsweise verhalten, Will Harlan selbst nennt den jüngsten Zugang „schüchtern“. Doch die seidige Art, ein Markenzeichen des Weinguts, kommt auch hier gleich vorneweg zum Tragen. Würze und Frucht treten hier bereits vorneweg auf, ab dem mittleren Gaumen „arbeitet“ dieser kalifornische Jüngling noch. Das Finale fällt dann wie ein rötlicher Nebel aus Malve und Hagebutten aus. Hier reift aber Großartiges heran, die Säure wirkt aktuell fast versteckt, doch sie stabilisiert die nächsten Reifejahr(zehnt)e diesen „Promontory“. Und wer nicht warten will, hat sowieso mit dem 2016er einen herrlichen Wein, der sich früher öffnet!
Bezugsquelle:
Promotory, die Jahrgänge 2016 und 2017 sind in geringen Mengen verfügbar; Sammler sollten mit Flaschenpreisen um die 950 Euro rechnen – Anfragen an Kracher Fine Wine, https://www.finewineshop.com/