Die europäische Sicht auf Caroni ist die einer kultisch verehrten Rum-Brennerei, die zu den „lost distilleries“ zählt – also lang schon nicht mehr produziert. Genau 20 Jahre ist es her, dass die auf Trinidad gelegene Firma dicht machte, was in der Geschichte des Inselstaats immer noch zu den traumatischsten Erlebnissen gehört. Denn Caroni erzeugte in erster Linie Zucker und war damit 28 Jahre, nach dem Einstieg des Staates, der größte Arbeitgeber der Insel. Das ist die Assoziation in „Trini“ selbst, aber auch der Grund, warum die Fässer mit dem alten Rum sehr begehrt sind. Denn zum einen war die Melasse ungewöhnlich reich mit Restzucker versehen, zum anderen war der rauchige Stil der Brennerei ziemlich einzigartig.
Und an eben solche Fässer kam David Stewart, der legendärste „Malt Master“ des schottischen Whiskys. „Mit einer abgewetzten Ledertasche stand John Barrett im Verkostraum von Balvenie in Glasgow“, erzählt Markenbotschafter Markus Heinze die Vorgeschichte. Barrett ist der Mann hinter dem unabhängigen Abfüller Bristol Classic Rum. Vor allem aber auch der Mann, der sich zehn Schiffscontainer mit Fässern der Kult-Destille Caroni gesichert hatte. An sich wollte man einen 20 Jahre alten Single Malt ein weiteres Jahr darin reifen lassen. Am Ende wurde es doch sieben, da man sich für das „Vorziehen“ eines Madeira-Fass Finishes in diesem Jahr entschieden hatte.
Der „27 years“ erhielt einen poetischen Beinamen und passt nachgerade perfekt in die „Stories“-Linie von Balvenie: „A Rare Discovery from distant shores”. Für Kenner kommen damit zwei Dinge zusammen für die der „quiet man“ David Stewart in der Whiskywelt steht: Das heute übliche „Finish“ in anderen Hölzern als US-Weißeiche, das er vor 40 Jahren begründet hat, und sein Faible für Rum. Es zeigt sich in der 14 Jahre gereiften Abfüllung „Caribbean Cask“, die längst zu den beliebtesten Whiskys aus dem Portfolio der William Grant&Sons gehörenden Brennerei gehört.
Caroni is limited & extremely rare. When our stocks are finally bottled, there will be no more!
John Barrett, von „Bristol Classic Rum“
Wie es sich für ein solches Kunstwerk der Reifung gehört, fand die Vorstellung im Auktionshaus Karl&Faber in München statt. Und die Spannung, wie der Rum und die lange Lagerzeit in den Fässern das Destillat beeinflusst haben würden, war beinahe greifbar. Zunächst fällt aber die überraschend helle Farbe des 27-jährigen Whiskys auf. Man hat sie bei Balvenie zum Glück auch nicht durch Zuckerkulör „aufgebessert“. Denn so kommt man auf die Gründe zu sprechen: Zum einen lagerten die Fässer im nass-kalten Bristol im Lagerhaus, wodurch weniger intensive Reifeprozesse ablaufen als beim „tropical ageing“ und der Verdunstung in Trinidad. Vor allem aber investierte Caroni nicht in neue Fässer, wie der Hüter der restlichen Gebinde John Barrett unterstreicht. Denn Sparzwänge gehörten zur kurzen Geschichte der staatlich geführten Caroni Company dazu.
Doch keine Angst vorm hellen Luxus-Whisky, denn die Nase meldet sofort reichhaltigste Eindrücke! Klar stehen die gelben Tropenfrüchte – Ananas und Mango vor allem – dem Verkoster vor Augen, mit etwas Luft denkt man gar an Pfirsich. Ein leichter Rauch-Ton, wie kalte Asche, mengt sich ebenso wie Honig ins Duftbild. Österreicher dürfen bei der Mischung aus Haselnuss, Schokolade und braunem Zucker aber auch an „Manner Schnitten“ denken.
Mit viel Würze legt der 48% kräftige Balvenie am Gaumen los; die trockene Stilistik des britischen Rum-Stils blitzt hier schon auf. Vor allem prägt sie das lange und von „hard spice“-Noten wie Piment und Zimt geprägte Finale. Dazwischen denkt man an Bananenchips bei diesem trockenen Whisky-Stil. Wer aber etwas Wasser zum Aufschließen ins Glas tropft, wird auch mit cremigeren Noten belohnt. Der Duft verändert sich klar in Richtung von saftiger Papaya, der Nachklang im Mund zeigt zarten Pfeffer und ganz hinten dann auch die Süße aus dem Rum-Fass. Ebenso komplex wie hochpreisig!
Bezugsquelle:
The Balvenie „A Rare Discovery from distant shores” 27 years kostet EUR 1.250 (0,7 Liter-Flasche) bei