Zypern ist ein kleines Land. Und seine Wein-Szene ist noch kompakter. 67 Weingüter zählt man offiziell im Landwirtschaftsministerium. Und so verwundert es auch nicht, dass beim Zypriotischen Weinpreis – es war die 13. Auflage – im Hotel St. Raphael dann auch Christodoulos G. Vassiliades zugegen ist. Stunden zuvor war der landesweit bekannte Anwalt noch geheimnisvoll als „our owner“ vorgestellt worden, als Mikhail Vakhromov durch das neueste Projekt des Juristen führte. In der Heimat seines Vaters, dem Dorf Omodos, sorgt Oenou Yi – das Weingut Vassiliades‘ – für neue Maßstäbe. Über mehrere Etagen gewährt das 2017 gestartete Unternehmen spektakuläre Ausblicke in die bergige Landschaft der „krasochoria“, die man die Weindörfer nördlich von Limassol nennt. Angelegt auf 500.000 Flaschen Jahresproduktion denkt man generell groß – das zeigt auch schon der angeschlossene Shop und der Fuhrpark. Und auch die Fässer aus aller Herren Länder (Österreich Beitrag stammt von Stockinger) ergeben einen beeindruckenden Anblick.
Doch die Weine, die wir vor Ort kosten, zeigen auch die Qualität, die von den rund 120 Hektar künftig zu erwarten sein werden. Und auch beim Weinpreis gehört Christodoulos Vassiliades 2022 zu den Abräumern. Der spät als eigene Sorte entdeckte Yiannoudi des Jahrgangs 2019 etwa, den mal als „Oikade“ abfüllt, holt sich etwa den Sortensieger. Blumige Süße strömt bei diesem aus dem Glas, man denkt dabei an Hibiskus und Brombeeren, vor allem aber ist der Alkohol („14,5 degrees of Happiness“, wie es Mikhail beim Einschenken formuliert) bestens versteckt. Am Gaumen zeigt sich dieser fruchtige Wein sehr sanft, auch das Tannin bleibt angenehm. Was bemerkenswert ist, da es mitunter ein Problem einiger zypriotischer Rotweine darstellt. Hier aber geht reine Beerenfrucht und Seide in Richtung des Rachens ab.
Allerdings liegt der Schwerpunkt in Omodos aktuell eher bei den Weißweinen, vor allem der Parade-Sorte Xinisteri, so etwas wie der Grüne Veltliner Zyperns, ist auch bei Oenou Yi viel Raum gewidmet. „Er kann die Zitrone in etlichen Gerichten ersetzen“, heißt es dazu, denn die Sorte passt auch gut zu salzigen Speisen, allen voran dem berühmten Feta-Käse. „Pente Lithária“ heißt die Einstiegsvariante des Xinisteri, die eine fast dropsige und grün-fruchtige Mischung aus Apfel und Birnen darstellt. Mit Luft kommt dann auch Steinobst zum Vorschein. Ein Phänomen, das uns öfter begegnet bei der Zypern-Weinreise: Mitunter erinnert der Nektarinen-Ton fast an junge Rieslinge. Auch hier ist das eine Duftnote, zu der dann auch Limettenschale tritt.
Im Mund ist der 2021er Weißwein sehr saftig und frisch; eine ganz leichte Pfefferwürze bringt noch mehr Schwung in den Trinkfluss. Viel „Golden Delicious“-Apfel ist zu schmecken, erneut mengt sich ein wenig Marille dazwischen, aber – wie erwähnt – alles auf der frischen Seite. Diesen Eindruck unterstreicht dann auch ein feiner Gerbstoffton, der die Jugendlichkeit des „Pente Lithária“ noch hervorhebt. Ein wunderbarer Wein zum Dahintrinken, es muss auch gar keine salzige Jause dabei sein. Vielleicht kann man sich diesen Xinisteri vorstellen wie einen guten, unkomplizierten Welschriesling von früher (so um 1995 herum).
Überhaupt steht man für trinkanimierende Weine, was auch der Blend aus Xinisteri und Muscat d’Alexandria (im Verhältnis 70:30) zeigt. Er ist uns fast zu „laut“ mit seinem süßen Pfirsich- und Muskat-Touch, hat aber sicher seine Fans. Zumal dieser „White Melody“ auch fruchtsatt und kaum säurig im Mund wirkt. Ähnlich, wenn auch in anderer Farbgebung, verhält es sich mit dem Rosé namens „Playia“. Doch für uns beginnt ohnehin das Warten auf eine Spezialität des Landes. Denn der „Commandaria“ hat den Ruhm des zypriotischen Weinbaus im 13. Jahrhundert begründet, er gilt aber auch als ältester Markenwein, seit ihn die Tempelritter nach ihrer „Grande Commanderie“ benannten. Der Wein aus getrockneten Trauben kann nur aus zwei Sorten – neben Xinisteri auch dem roten Mavro – erzeugt werden. Dafür ist man aber bei den Mischverhältnissen bzw. der Verwendung nur einer Traube frei. Und so gibt es beträchtlichen Spielraum, der durch die Reifedauer (verpflichtend sind zwei Jahre) erweitert wird.
Hier entschied man sich für den 70%-igen Weißweinanteil. Zudem ist der aktuelle Commandaria eine Cuvée aus den Jahrgängen 2013, 2015 und 2017. Kaffeebraun im Glas, lässt der süße Wein die Kraft seiner 217 Gramm Restzucker schnell spüren – wie eine Mischung aus Nuss und Marzipan legt er das Duftbild an. Und man sieht die Rosinen fast vor sich, aus denen dieses Elixier gepresst wurde. Rund und mit überraschend feiner Süße kommt er dann auf die Zunge. Wieder merkt man die Nussigkeit wie bei einem älteren Portwein, sie wird aber von einem Rosinen-Ton begleitet, der sich praktisch komplett mit diesem schokoladig-nussigen Kern verwoben hat. Und es überrascht wenig, dass auch dieser Wein am Ende des Abends mit „chryso“ ausgezeichnet wird: Gold für Oenou Yi!
Bezugsquelle:
Oenou Yi, Xinisteri „Pente Lithária“ 2021 kostet EUR 9,95, der Yiannoudi „Oikade“ 2019 EUR und der Commandaria ist um EUR 29,95 (0,5 Liter-Flasche) erhältlich, alle im Webshop des Weinguts, https://oenouyi.wine/shop/