Die Geschichte der Whisky-Brennerei Broger beginnt – wie hierzulande viele – mit dem kleinen Brennrecht für Obst. Im Falle der Vorarlberger Brüder Eugen und Bruno hatte der Großvater bereits die Früchte der Hochstammkulturen eingemaischt. Es war eine Restewertung des Tafelobsts, wie damals üblich, was in den 60 Liter-Kessel kam. 1993 übernehmen die Brogers dieses „schöne Hobby“ von ihrem Vater und erweitern auf einen 150 Liter-Brennkessel. Fünfzehn Jahre später fließt der erste Whisky im Örtchen Klaus, die Gerste kam noch aus Deutschland, „in Vorarlberg welche zu bekommen, war damals unmöglich“. Der reine Gerstenbrand ist immer noch im Portfolio und duftet mild nach hellen Früchten und Honig. Etwas Pfirsich und leichte Ananas-Noten sind wahrzunehmen. Auch am Gaumen ist der 42%-ige Malt, mit dem alles begann, sanft. Frühstücksgetreide und etwas Rosa Beeren (der falsche „rote Pfeffer“) schmeckt man, vor allem aber ist er ein fein destillierter und eleganter Einstieg in die Whisky-Welt der Brogers.
Diese wird von der gesamten Familie belebt, immerhin vier Mitglieder brennen am Hof. Broger gehört aber auch mit seiner Getreidevielfalt zu den spannendsten Whiskyhäusern Österreichs. So stammen die Etiketten von Tochter Anna, auf der „Hoamat“-Linie hat sie die lokale Bergwelt mit den Drei Schwestern oder der Hohen Freschen verewigt. Diese Linie mit Vorarlberger Getreide ergab sich über die Jahre, bringt mit dem Dinkel aber einen Austro-Malt mit, den man sich merken sollte. Er duftet nach Milchkaffee, dunklen, roten Früchten wie Himbeere und nur ganz leicht nach Kokos. Schon kommt so für den Kenner das Fass durch, in dem er lagerte: ein 500 Liter Pedro Ximénez-(„PX“)Sherry-Fass. Das sanfte Mundgefühl des Whiskys aus Dinkel erinnert mit der cremigen Art an Nusscreme, Milchschokolade und Haferkekse – ein zarter Rauchton rundet den „Dinkel“ ab. Er gibt auch genug Würze, um keinen Faserschmeichler aus diesem Destillat zu machen. Denn auf der intensiv rauchigen Seite bedienen Eugen und Bruno Broger die Malt-Community ohnehin mit dem „Burn Out“.
Der mit 54 parts per million (ppm) Torfrauch versehene Brand ist selbst für Islay-Fans eine Herausforderung. Purer Rauch steigt in die Nase, er erinnert an Reifen-Vulkanisierung und Mullbinden mit Jod. Am Gaumen ist er druckvoll und mit einer trocknenden Rauchigkeit versehen, die über etwas Haselnuss dahinprescht. Das Finale gehört den medizinal-rauchigen Tönen, man denkt an Apothekendüfte wie Kalmus-Wurzel, starken Espresso aber auch Teer bei diesem Nachklang.
Brennblase statt Frühstückstisch: der Riebelmais-Whisky
Auch für Einsteiger zugänglich ist der Whisky, der praktisch ein Alleinstellungsmerkmal der Whiskyfamilie aus Klaus darstellt. Der Riebelmais ist eine Vorarlberger Spezialität, die als Maispuffer schon zum Frühstück genossen wird aber auch als „Muas“, als eine Art Sterz des alten Getreides. In gebrannter Form handelt es sich um sieben Jahre gereiften Whisky, der die Mais-Süße im Duft mindestens so schön zeigt wie guter Bourbon. Begleitet wird dieser Geruch von intensiven Nougat-Noten. Entsprechend kann man auch den Eindruck am Gaumen als saftig bezeichnen; wie schmelzende Schokolade rinnt der „Riebel“ die Kehle hinunter. Feine Würze begleitet diese Sanftheit, nach hinten hinaus legt er aber auch an Kraft zu und lässt noch einmal seine Herkunft schmecken – der Geschmack von Karamell-Popcorn liegt dann auf der Zunge.
Ebenfalls mit 42% vol. gefüllt und doppelt gebrannt kommt auch der Roggen und der Weizen bei den Brogers reinsortig in die Flasche. Der leichte Holzleim-Ton eines 100% Roggenbrands steigt aus dem Glas, die schöne Würze ist in Form von Wacholder da. Ringlotte und Walnuss ergänzen den Duft.
Mächtigen Druck macht der fünf Jahre gereifte Whisky, der dunkle Schokolade mit einer von Anfang an pfeffrigen Würze kombiniert. Der Weizen ist dazu das sanfte Gegenstück, das nach röstigen Cornflakes, etwas Manner-Schnitten und auch Nuss-Schokolade riecht. Er ist zwar der verhaltenste im Duft, bringt am Gaumen aber ein Yin-Yang-Spiel von Süße und Würzigkeit mit. Sehr kompakt zeigt sich der „Weizen“, der ab der Mitte etwas kräftiger wird, die leichte Marzipan-Note gibt ihm Schmelz. Als Gegenspieler meldet sich Weißer Pfeffer und der röstige Getreideton, der uns schon in der Nase begegnete.
Zigarillos – als Fass und als Rückaroma beim Whisky
Auf Basis der seit 2008 gesammelten Erfahrungen wird auch ordentlich experimentiert. Das beginnt bei den Zigarillos, die nicht geraucht werden, sondern als 109 Liter fassende Fässer von der Binderei Schneckenleitner stammen. Der relativ hohe Holzkontakt ermöglicht eine intensivere und beschleunigte Reife im Warehouse der Brogers. Dazu kommen Abfüllungen wie die 59,5%-ige „Distiller’s Edition“ – ein von Rauchmandeln und weiteren Umami- und Salznoten getragener Whisky in herrlicher rot-brauner Robe. Oder der „Triple Cask“, der in Limousin-Eiche, Sherry- und Madeira-Gebinden ausgebaut wurde. Er erinnert mit der dunklen Süße an eine Liaison von Malakoff-Torte und Erdnussflips und fasziniert mit diesen Gegensätzen im Glas.
Die Verkostung beschließen wir aber mit einem Stil, dessen Subtilität auch Brennerkollege Harry Keckeis (über unseren Besuch bei ihm lesen Sie hier) faszinierend fand. „Medium smoked“ nennt sich das Malz, das ihm zugrunde liegt und mit 12 ppm für Aroma-unterstützende Rauchigkeit sorgt. Wie ein Tropfen Chili-Sauce, könnte man eine Analogie bemühen, hebt dieser von Buchenholz stammende „smoke“ alle Aromen. Gelagert in den besagten Zigarillos aus Eichenholz, erinnert der Whisky an Laugengebäck und gemischte Salz-Nüsse, es ist eine eindeutige Malznote da, aber eben nicht die süße Art, die man oft findet.
Anfangs zeigt sich wieder die saline Ader, hier als Salzkaramell-Bonbon, etwas Bergamotten-Öl ist auch da und dunkler Honig. Im Rückaroma erst kommt der Rauch durch; es ist die einzige Stelle, wo er merklich das Zepter übernimmt: Das trockene Finale gehört ihm zur Gänze. Und es erinnert – nicht weil Zigarren-Freund Bruno Broger ihn einschenkt – an die Vanille-Tabak-Mischung der „Moods“-Zigarrilos. Wer es nicht so mit den Rauchwaren hat, dem sagen wir es mit einem Vorarlberger Wort, das bei unserem Besuch öfters fällt: Fröd, hinterm Arlberg als „Freude“ geschrieben, macht dieser Whisky!
Bezugsquelle:
Broger Privatbrennerei, der „Dinkel“ (0,7 Liter-Flasche) ist um EUR 60 zu erwerben, auch „Weizen“ und „Riebelmais“ kostet wie der „Burn Out“ oder der „Medium Smoked“ EUR 60, alle im Webshop der Brennerei www.broger.info