Eine ganz eigene Welt, „einen Ort mit vielen Möglichkeiten“, wie sie es selbst nennen, stellt das Mandlberggut der Familie Warter dar. Was erst nach Tourismusverband-Prosa klingt, erschließt sich aber unmittelbar, wenn man den Weg auf die 980 Meter hohe Genusswelt zwischen Schladming und Radstadt angetreten hat. Da wartet dann etwa ein „Bergcafé“ auf die tapferen Mountainbiker, in dem Doris Warters Haustorten und Heidelbeer-Saft köstliche Rast gewähren. Sie empfängt aber auch der unverkennbare Duft der Latschenkiefer, die von Bernhard Warter gerade zum Öl destilliert wird. Und unterm mächtigen Auerhahn, dem Logo der Brennerei, steht Schwiegersohn Dominik und lässt die Gäste raten, was in der schmucken Kupferbrennblase gerade vom Obst zum Edelbrand wird. Diesmal ist es Marille, doch Theresa Warter gehört auch zu den wenigen Whisky-Brennerinnen des Landes. Gemeinsam mit ihrem Dominik widmet sie sich dem unterirdischen Reich, in dem die fassgelagerten Destillate des Mandlbergguts reifen.
Dafür hat man die Marke „Dachstein Destillerie“ geschaffen, während die gesunden Erzeugnisse rund um das Kiefernöl im Shop von Schwester Katharina betreut werden. Dass im Vorjahr ein neues Gutshaus mit Altholz und Glockturm dazu kam, sei der Vollständigkeit halber erwähnt. Ebenso wie der Brotbakcofen am Berg oder die Fischer-Hütte. Doch im Grunde ergab sich die heutige Vielfalt seit dem Jahr 1999 ganz organisch, wie Bernhard Warter erzählt. Ähnlich kontinuierlich war auch der Weg von der Latschenkiefer-Brennerei zu den Frucht-Destillaten und ab 2008 eben auch zum Whisky aus den Ennstaler Alpen. Den beinahe zwei Bundesländer für sich beanspruchen könnten, wenn man nicht haarscharf noch im Salzburgischen läge; die Grenze zur Steiermark verläuft genau neben der kleinen Kapelle am Anwesen. Doch zurück zum Grund unseres Besuches, dem Whisky dieses Idylls mit Dachstein-Blick. Der wird seit jeher simpel „Rock“ genannt und stellt einen Single Malt dar, dessen Gerstenmalz die nahe Schladminger Brauerei aufbereitet. Gebrannt und gereift, kommt das Destillat dann nach fünf Jahren aus den Fässern im kühlen Lagerkeller der Destillerie.
„Der Angels‘ Share beträgt dabei etwa so viel wie in Schottland“, zieht Theresa Warter einen Vergleich zu den dortigen 2% Schwund durch die jährliche Verdunstung. Gefüllt wird im Ennstal mit 41,1% vol. und der Duft nach Haselnuss, etwas dunklem Honig und auch Erdnuss-Flips zeigt, dass die Holzröst-Noten der heimischen Eichen-Gebinde hier sehr fein ausfielen. Die Süße im ersten Schluck mag daher überraschen, sie erinnert an Vanille. Doch die Geschmacksnoten werden auch von einer dosierten Kraft getragen. Die Intensität der Karamell-Akkorde lässt einen an Daim-Riegel denken, zumal auch Schokolade-Schmelz da ist am Gaumen. Konkreter kann man auch von Mandel-Schoko sprechen, denn im Finish kommt auch der nussig-röstige Charakter wieder stärker durch. Dem runden „Rock“-Whisky merkt man die lange Vorarbeit Bernhard Warters aber an – er wirkt balanciert und einladend. So wie eine heimische „Standard“-Abfüllung eben sein sollte. Diese Bezeichnung ist keinerlei Abwertung, sondern stellt vielmehr so was wie den malzigen Maßstab dar, von dem die Single Malt-Experimente in Radstadt ausgehen. Und an dem sie sich messen müssen.
Der rauchige Whisky etwa, der vorläufig noch im Fass ruht und für den AWA-Kollege Walter Pfanner Rauchmalz lieferte, zeigt trotz der „smoky“ Unterscheidung eine grundsätzlich ähnliche Charakteristik. Erdnuss, Mandel – in diesem Fall natürlich: Rauchmandel mit salzigem und trockenem Ton – und auch die Nuss-Noten sind nämlich auch bei der Fass-Probe wieder da. Doch ehe wir von noch reifenden Whiskys schreiben und jemand lange Zähne machen, sei ein anderer fass-gelagerter Brand ausgelobt. Denn unter den raren Barrique-Bränden des Mandlbergguts wartet nicht nur ein Apfel-Destillat und Weinbrand, sondern auch ein Bananen-Edelbrand. Und der wird nicht nur Rum-Trinker begeistern. Ohne Angst vor einem Spoiler-Alarm schreiben wir es gleich vorweg auf: Das ist flüssiger „Bananen Split“! Denn alles, was man vom Dessert kennt, ist bereits im Duft vorhanden: Nougat in der ersten Nase, so kräftig mit Gewürzen versehen, dass man an Rum denkt. Dazu kommt eine braune Banane (die man über’s Wochenende im Schul-Bankfach vergaß) und eine von der Frucht-Aromatik kaum zu trennende Vanille-Note.
Das alles aber ist völlig klar und ohne störende Süße, muss man präzisieren. Denn auch im Mund verhält sich der „Banana Barrique“ sanft, was aber nicht heißt, dass er brav wäre. Denn zu den Noten des „Bananen Split“, inklusive etwas Mandelsplittern, kommt ab dem mittleren Gaumen dann der „Spike“ der 43 Volumsprozent. Er bewirkt aber nur, dass die dadurch gestiegene Aufmerksamkeit wahrnimmt, dass im Finale wieder schmeichelnde Gelbfrucht-Noten da sind. Diesen letzten Schliff darf man getrost dem Süßweinfass zuschreiben, in dem der Brand reifen konnte – es stammt von Roland Steindorfer aus dem Seewinkel (ein Winzer, den wir hier schon vorstellten). Dass dieser wunderbare Digestiv auch in einem Edel-Dekanter der Marke „teurer Cognac“ daher kommt, sei noch erwähnt. Denn auch wenn der nackte Fels sich im Glas spiegelt: Am Dachstein findet sich eben auch Gold.
Bezugsquelle:
Dachstein Destillerie, Single Malt „Rock“ ist um EUR 50,90 (0,5 Liter-Flasche) zu haben, der „Banana Barrique“ kostet EUR 61,10, beide im Webshop der Brennerei, https://mandlberggut.com