Nach den vielen Destillerie-Verkäufen in den kommerziell „schlechten“ Whisky-Dekaden befindet sich von den 126 Brennereien nur mehr ein Drittel in schottischen Händen. Entsprechend gibt es auch nur mehr eine Handvoll echter Whisky-Dynastien in Schottland. Die Morrisons gehören da sicher dazu. Und man gibt ein im wahrsten Sinn des Wortes kräftiges Lebenszeichen. Bislang kannte man vor allem den unabhängigen Abfüller „Morrison & Mackay“. Den gibt es so nicht mehr, dafür hat man sich in Perthshire umbenannt: Als „Morrison Scotch Whisky Distillers“ reaktivierte auch die alten Kontakte auf die Insel Islay.
Hier war man einst Besitzer einer der bekanntesten Brennereien der Torfrauch-Hochburg, doch Bowmore gehört seit längerem zum Portfolio von Beam-Suntory. Was aber nicht heißt, dass die Morrisons nicht an feinen „peated“ Whisky kämen. Im Gegenteil, das Familienunternehmen lancierte heuer seine eigene Islay-Marke. Woher die Whiskys herstammen, ist allerdings unbekannt und sorgt unter Kennern daher für ein feines Islay-Ratespiel (neben dem historisch naheliegenden Bowmore stehen die Quoten auch für Caol Ila gut). Der Name der drei Whiskys hingegen ist klassisch Gälisch gehalten; „Mac-Talla“ bedeutet „Echo“.
Neben dem 15 Jahre gelagerten „Strata“ bilden zwei Whiskys ohne Altersangabe das Mac-Talla-Portfolio. Unschwer kann man bei „Terra“ und „Mara“ erraten, dass der Boden und die See Pate standen. Im konkreten Fall bedeutet das die Prägung durch den Torf, der auf der Insel gestochen wird und das Rauchmalz aromatisiert, das Islay so berühmt macht. Der „Mara“ ist zudem ein überaus leistbarer Fass-Stärken-Whisky. Womit man beim Verkosten auch gleich ein wenig zu dieser speziellen Kategorie schreiben kann.
Wie man Whisky in Fass-Stärke trinken sollte
Denn der Mythos von den „cask strength“-Abfüllungen, der Einsteigern gerne als der authentischste Weg zum Single Malt verkauft wird, schüchtert auch ein. Unser Organismus ist an die Schärfe von 56% oder mehr Alkohol nicht gewohnt. Der Trigeminus-Reiz schlägt da Alarm, wie er es auch bei Chili stets tut. Technisch ist die Sache ja einfach: Der weitaus überwiegende Teil der weltweiten Whisky-Produktion wird auf seinem Weg von den Fässern in die Flasche mit Wasser auf „Trinkstärke“ verdünnt. Die beträgt meist zwischen 40% und 42%. Allerdings kommt eine Minderheit der Brände auch so zum Kunden, wie sie – nach einigen Jahren der Reife – aus dem Holzgebinde kommt. Je älter, desto geringer ist der Alkohol.
Und für ihn sind diese ominösen Pipetten mit Wasser auf den Verkostungstischen von Single Malt-Sessions gedacht. Auch eigene Spirituosen-Belüfter gibt es dafür. Beide, Wasser und Luftzufuhr, sollen das Selbe leisten: Die alkoholischen Spitzen beseitigen. Für unsere Verkostungen halten wir es stets so, einen kleinen Schluck unverdünnt zu verkosten. Gut gemachte Fass-Stärken sind da oft weitaus aromatischer, als es die Angst des Laien („der is ma zu schoarf“) vermuten lässt. Dann erst wird der Whisky mit Wasser aufgeschlossen, was der Schotte auch das Zähmen des Schlucks („to tame the dram“) nennt. Mit dem Tropfen-weise zugegebenen Wasser stellt man dann seine individuelle Trinkstärke ein. Für ein 4 cl-Glas sollte das nicht mehr als ein Drittel Teelöffel voll Wasser sein. Aber auch da gilt der persönliche Geschmack. Japan etwa mag den Whisky generell mit mehr Wasser.
Der mit 58,2% gefüllte „Mara“ jedenfalls zeigt wunderbar die Veränderung von der „Cask-Strenge“ zur Genuss-Stärke. Anfangs sind da Pfirsich und Haselnuss, die sich neben etwas Asche abmühen, gegen den kraftvollen Rauch-Duft anzukommen. Mit mehr Luft wird daraus eine veritable Speck-Note. Man merkt eine feine Klinge am Gaumen, wenn der leichte Mix aus Pfefferwürze und leichter Salzigkeit einsetzt. Doch zu kräftig ist die Pranke des Torfmalzes, der als nicht minder schlagkräftige Linke der Alkohol beisteht. Das alles ändert sich mit ein paar Tropfen Wasser!
Nun kommt im Finale die Salinität, also die (meer)salzige Prägung, des Insel-Whiskys durch. Davor vermählen sich die fruchtigen Noten mit dem Rauch; die Harmonie stützt auch eine Note, die bislang kaum zu schmecken war. Fast süß meldet sich eine saftige Orangen-Prägung. Der Nachklang von Salzbutter auf warmem Laugengebäck rundet diese Fass-Stärke ab. Gezähmt mag sie sein, aber sicher nicht aromatisch kastriert!
Bezugsquelle:
Morrison Distillers, Mac-Talla „Mara“ kostet EUR 59 (0,7 Liter-Flasche) beim Spezialisten „Whisky Purbach“, www.whisky-purbach.at