Das letzte Mal blieb am Loch Lomond keine Zeit, die gleichnamige Destillerie am See zu besuchen. Das Wasserflugzeug startete frühmorgens vom Pier des luxuriösen Cameron House, denn Whisky wurde „drüben“ in Islay getrunken. Doch zum Glück kommt Loch Lomond zu uns – in der Person von Ross Lawrence. In den wilden Reisezeiten trafen wir ihn immer wieder in Berlin, wenn er Neuheiten aus der Karibik vorzustellen hatte. Doch als Schotte landet man irgendwann beim Whisky. „Das glaubt man mir eher, als wenn ich über Rum rede“. Und so leitet unser alter Bekannter nun eine Online-Verkostung der Loch Lomond Group.
Die namensgebende Destillerie ist eine der gar nicht so zahlreichen, die Grain Whisky und Single Malts an einem Standort erzeugt. Es gibt auch eigene Blends, doch man liefert auch für andere Häuser Grain, was früher zu einem etwas zweifelhaften Image der eigenen Marke beitrug. Auch heute kommen auf 20 Millionen Liter „Grain“ nur drei Millionen Liter „Malt“. Über den berühmtesten Werbeträger für Loch Lomond will man gegenwärtig übrigens nicht so viel reden: Kapitän Haddock, der fluchende Begleiter des pfiffigen Reporters Tim (der mit dem Struppi), schwörte ja auf die Flaschen.
„Hunderttausend heulende Höllenhunde“, würde der Kapitän dazu wohl sagen – und sich dann doch am „Original Single Malt“ gütlich tun. Der bringt einen enorm fruchtigen Eindruck mit. Saftige Melone, aber auch Orange und ganz besonders Pfirsich ist hier zu riechen. Im Mund sorgt süße Schokolade ebenfalls für einen Whisky, der auch Anfängern sofort gefällt. Die Gewürze sind gut eingebunden – Muskatblüte, Piment und etwas Zimt – in diesen Schmelz. Das erinnert an einen Schokoriegel und erfüllt genau die Erwartungen an einen Whisky zum gemütlichen Dahintrinken.
Dass es gleich drei 12-jährige Qualitäten im Portfolio gibt, ist ungewöhnlich. Doch das liegt auch an der ungewöhnlichen Konfiguration von Loch Lomond. Der Großteil der Brennblasen hat nicht die Zwiebel-Form der Pot Stills, wie man sie kennt, sondern sind „straight neck pot stills“, wie es Ross Lawrence nennt. International hört man auch „Lomond stills“ als Bezeichnung. Die Zwischenböden im Geistrohr lassen sich bei dieser Tonnen-artigen Brennblase verstellen und ergeben dann unterschiedliche „cut points“ bzw. auch den Rückfluss des nicht kondensierten Destillats aus dem Geistrohr.
Weniger technisch formuliert: Es lassen sich mit einer Brennblase deutlich unterschiedliche Stile „fahren“. Das nutzt man auf der anderen Seite des Atlantiks etwa bei Corby Distillers in Ontario – wo Brenner Don Livermore seine „Lomond Still“ bei unserem Besuch sehr lobte.
Stilistische Vielfalt ist aber auch in Schottland das Thema, hier steuert man etwa die Aromatik des rauchigen Whiskys, was durchaus eindrucksvoll gelingt, wenn man die Werte des Torfmalz‘ erfährt. Mit 50 ppm (parts per million) bewegt man sich da bei den Werten der rauchigsten Islay-Malts wie Laphroaig oder Ardbeg. „Keiner glaubt das“, weiß Lawrence, auch wenn der Whisky sogar „Torfinsel“ („Inchmoan“) heißt. Doch ergibt der niedrigere Alkohol bei der Destillation in den „Lomond stills“ eine ganz andere Auswirkung des Rauchmalzes. Selbst wenn ein Teil auch aus der klassischen Pot Still kommt und so ein komplexerer Gesamtcharakter erzielt wird: „Smoke and Spice“ nennt sich dieser Loch Lomond im Untertitel zur besseren Unterscheidung. Und der „Inchmoan“, besagter dritter „12 years“, hat in der Tat eine besondere Würze zu bieten.
Soja, Zimt und Chili: „Inchmoan“ 12 years
Das beginnt mit einem etwas hefigen Duft, der aber schnell einer Rauchnote weicht, die sehr trocken und – anders als in Islay – überhaupt nicht medizinal wirkt. Dafür bringt sie getrocknete Tomate mit, Sojasauce samt der leichten Salzigkeit und auch Steinpilz. Der gemeinsame Nenner dieser drei Duftnoten ist klar: Umami oder Herzhaftigkeit. Am Gaumen äußert sich das in einer Laugengebäck-Note; wieder trifft Malz und Salz aufeinander. Zimt und Chili zugleich sprühen hier ihre Funken über einem schokoladigen, aber nur leicht süßen Kern. Etwas Ingwer und Salzmandeln lassen ganz kurz an Manzanilla-Sherry denken – und in einem Punkt trifft dieser Vergleich zu: Frucht, Salzigkeit und Hefe-Noten sind auch beim „Inchmoan“ komplett in der Balance. Unser Fazit: Toller Preis-Leistung-Whisky, wenn auch schon für Fortgeschrittene.
Der letzte Whisky im Tasting ist dann schon wieder zugänglicher, auch wenn er kein Faserschmeichler wie der „Original Single Malt“ sein mag. Doch die Fruchtigkeit prägt auch den „18 years“; freilich im Verein mit einer langen Passage im Eichenholz, die Spuren hinterließ.
Der 18-jährige zeigt einen starken Holz-Einsatz, die Frucht plagt sich anfangs ein wenig. Doch aus dem zart rauchigen Duftbild schält sich neben eine Apfelschalen-Note später auch Heidelbeere. Mit 46% vol. gefüllt, hakt da dennoch nichts am Gaumen, der Alkohol wird von Würze und Fruchtigkeit von Trauben-Nuss-Knabberzeug (viel Haselnüsse sind in dieser Mischung!) gezähmt. Gewürzschokolade mit Nougat und Zimt runden den Loch Lomond nach hinten ab. Und auch hier fällt eine positive und selten gewordene Eigenschaft auf: der Preis, der für einen 18-Jährigen sehr fair gehalten wurde.
Bezugsquellen:
Loch Lomond, Original Single Malt kostet EUR 35,10 bei der Spirituosenwelt, www.spirituosenwelt.at
Loch Lomond, „Inchmoan“ 12 years führt um EUR 39,90 der Schnapskultur-Shop von Dr. Kochan, www.schnapskultur.de
Loch Lomond, 18 years ist um EUR 64,90 über Weisshaus Shop zu haben, www.weisshaus.at