In Schottland hat bekanntlich jede Whisky-Brennerei einen Superlativ zu bieten. Die höchsten Brennblasen, die nördlichste Lage, die älteste Anlage, usw…. Darüber plaudern Tourguides und Whisky-Nerds nicken dazu zustimmend. Und nicht nur die Single Malt-Techniken hat sich Japan in den Highlands abgeschaut, sondern auch das mit den Superlativen. Also: „Mars“ ist die höchstgelegene Whisky-Brennerei des fernöstlichen Inselreichs! Mit dieser Einleitung beginnt Momoko Katō die Geschichte der Brennerei, die mit einem der wichtigsten Namen des Malt Whisky made in Japan verbandelt ist. Denn die treibende Kraft, dass sich die 1872 gegründete Mutterfirma Hombo Shuzo Group Ltd. dieser Spirituose zuwandte, war Kiichiro Iwai. Er begann 1949 mit dem Brennen von Whisky, während Hombo bereits 40 Jahre als nationaler Shochu-Brenner tätig war (und es bis heute ist).
Doch Iwai-san hatte zuvor einen Mann in die Welt geschickt, der zur Legende wurde: Masataka Taketsuru studierte die Branche in Schottland, ehe er zum Vater des japanischen Whiskys wurde. Doch den Auftrag für die Studienreise, die so etwas wie die Gründungslegende der heutigen Giganten Suntory und Nikka darstellt, gab eben Iwai. Und der versuchte, die Notizen seines Protegés selbst in einer Brennerei umzusetzen. Die Zeit war – wie anfangs auch für Taketsuru – ungünstig, erst nach dem Zweiten Weltkrieg gingen in die beiden schottischen Brennblasen auf der südlichen Insel Kyushu in Produktion.
Doch wirklich reif war Japan für Whisky noch nicht. Der Anlauf 1985, mit einer neuen Brennerei im Süden der Präfektur Nagano, währte nur bis 1992. Dann war Pause bis 2011. Doch solche Schließungen oder “mothballed distilleries” kennt man ebenfalls aus Schottland. Und auch in Nippon ist die Single Malt-Konjunktur zylisch: 2016 mußte man bereits eine zweite Brennerei neben „Mars Shinshu“ errichten. Japan-Whisky war über Nacht weltweit gefragt!
Diesmal ging man wieder in den subtropischen Süden: Mars Tsunuki ist somit die südlichste Destillerie (yeah, wieder Superlativ!) Japans. Hier reift der Whisky bedeutend schneller, die Verdunstung alias Angels‘ Share liegt bei 5 bis 7% und nicht bei den nahezu schottischen 3% im Wintersport-bekannten Nagano. Doch keine Angst, es wird auch eingeschenkt: Momoko Katō startet mit dem leichten (40% vol.) Blended Whisky „Kasei“. Er ist überraschend fruchtig; vor allem Apfel ist in der Nase sofort da. Leichte Rauchnoten verflüchtigen sich, auch etwas säurig-herbe Noten wie Sanddorn notierten wir.
Schräg wird es beim Kostschluck, der an Ananas erinnert. Nicht prächtig, tropisch, überreif, sondern leicht verdünnt in der Aromatik, doch klar dieser Frucht zuordenbar. Sanft und fruchtig bleibt der „Kasei“ auch. Ein wenig Schokolade und ein nur leicht pfeffriges Finale unterstreichen, wofür dieser Blend gemacht ist: für den japanischen Highball „Mizuwari“. Mit Wasser, vor allem aber mit Soda, ist das ein perfekter leichter Einstiegsschluck! Wer diese Servier-Art nicht kennt, sollte sie probieren. Allerdings braucht es dazu fruchtig-leichte Whiskys wie diesen Einsteiger von „Mars“.
Der „Cosmo“ wiederum, der als nächstes im Glas tanzt, wird als Blend aus Malt-Whiskys mit Destillat aus Shinshu geführt. Früher hätte man das „vatted malt“ genannt. Die Provenienz der Komponenten wird nicht verraten, es finden sich aber schottische Whiskys mit in der „Maltage“, wie man den Mix bei Hombo betitelt. Auch hier wird es tropenfruchtig – allerdings schon in der Nase. Weingummi der Geschmacksrichtungen Mango und Ananas leiten den Duft ein, in den auch leichte Lack-Noten und Trauben-Nuss-Schoko einstimmen.
Das Mundgefühl fällt wieder sanft aus, für Spannung sorgen Eichenholz-Töne (eher die trockene Art als blumige Vanille) und etwas Haselnuss-Creme. Ganz lässt uns die Frucht auch beim „Cosmo“ nicht los. Melone und pochierte Birne sind zu schmecken. Wobei einen ordentlichen Geschmacksboost erst das Finish gibt. Hier merkt man Rosinen und Zwetschkenröster. Gespickt mit Kardamom-Kapseln, geht es ins durchaus intensive, aber nicht allzu lange Finale.
Kein Blend! Mars Komagatake 2019
Der eigene Brennstil von „Mars“ ist aufgrund der (Wieder-)Eröffnungen 2011 bzw. 2016 noch jungen Datums. Mit der „Limited edition“ namens Mars Komagatake präsentiert man ihn erst zum zweiten Mal. Dass der namensgebende Kiso-Komagatake (Fohlengipfel) ein Zweitausender ist, passt ganz gut zu dieser Abfüllung, die ab heuer zum fixen Portfolio von Mars gehört. Denn im Vergleich zu den beiden verkosteten Blends ist die Limited edition 2019 eine Erhebung an Geschmack. Das liegt zum einen am sehr leicht getorften Malz, das zum Einsatz kommt (2,5 ppm, wen es interessiert). Aber auch an der intensiven Reifung, die er auf der Nationalpark-Insel Yakushima durchläuft. Die Zedernwälder hier gehören mit einigen bis zu 1000 Jahre alten Exemplaren zu den japanischen Naturschätzen, doch gerade die Holznoten sind bei diesem Whisky gering ausgeprägt.
Der leichte Rauch des Torfmalzes ist hingegen zu riechen. Nussige Noten und etwas Orangenschale ergänzen den Duft des Single Malts zu einer recht „schottischen“ Angelegenheit, das könnte so auch aus den Highlands kommen (das Malz jedenfalls tut es). Den Mund kleidet der „Komagatake“ reichlich mit dunklen Geschmacksnoten aus – ein wenig erinnert er an Choco Pops in seiner Mischung aus Schokolade und Getreide. Im Mittelteil zeigt sich eine saftige Mischung aus Orangen und Pfirsich.
Erstaunlicher als die Fruchtigkeit des Haus-Stils ist aber die Tatsache, dass er bei 48% vol. Füllstärke ohne jedes Anecken auskommt. Fast gefährlich trinkanimierend kommt dieser Japan-Whisky daher. Wenn da nicht der Preis wäre: Mit seinen dunklen Aromen würde er durchaus auch in einem „Manhattan“ sehr gute Figur machen. So trinken wir ihn lieber pur. Hätte Japans Whisky-Großvater Kiichiro Iwai wohl auch gemacht…
Bezugsquelle:
Mars, Kasai Blended Whisky gibt es um EUR 31,90 (0,7 Liter-Flasche), den Cosmo Blended Whisky um EUR 49,90 und der Single Malt Komagatage Limited edition 2019 ist um EUR 129,90 erhältlich, alle im Webshop von Trinklusiv, https://trinklusiv.at