Ein gutes Monat ist vergangen, seit wir hier die letzten Eindrücke vom jährlichen Großkampftag der Lagenweine des Donau-Raums gepostet haben. Doch immer noch fehlt das „heartland“, die Flusstäler, an denen die Idee der ÖTW-Klassifizierung ihren Ausgang nahm. Man denkt da meist an das Kamptal, doch dieses Jahr gab es auch eine überraschend hohe Zahl von Rieslingen und Veltlinern aus dem Kremstal, die in der Jugend beeindruckten. Die Auswahl jener 2019er, die im Schloss Grafenegg die Feder des Trinkprotokollanten zum Glühen brachte, wird sich nur in zwei Teilen online ausgehen. Also fangen wir besser gleich mit den Kosteindrücken an!
Mit dem „Pfaffenberg“ von Bertold Salomon macht man alles richtig. Zumal er auch ein Beispiel ist, dass in dieser frühen Phase einer „en primeur“-Verkostung manche Weine mehr herzeigen und -geben als andere. Sein Riesling aus der bekannten Steiner Lage, die gerade nicht zur Wachau gehört – eine seinerzeit politische Entscheidung, keine geo- und auch sonst nicht -logische – ist cool und hat trockenen Humor. So würde man den 2019er als Person charakterisieren. Aromatisch punktet er mit Curry, hier vor allem der Gelbwurz (Kurkuma) aus der Gewürzmischung, Flieder und getrockneter Mango. Saftig und bereits jetzt gut antrinkbar, stehen wieder kühle Noten, wenngleich von exotischen Früchten mehr als von Zitrusfrüchten, zu Buche. Ganz entfernt schwirrt eine Bananen-Geschmack vorbei. Aber das kann nur eine Täuschung sein. Denn unmittelbar danach geht es wieder kühl und mit ordentlichem Trinkanimo weiter. So kann und so wird das noch einige Jahre bleiben. Ein herrlicher Riesling, der sich ganz weit abseits einseitiger „Steinobstigkeit“ bewegt!
Wie ein Vulkanland-Wein riecht dann der Grüne Veltliner „Wachtberg“ von Dr. Salomons Undhof. Er zeigt neben dem Basalt-Duft – auch wenn die Lage selbst den nicht aufweist! – Quitten, überreifen Apfel und den Geruch von Sandwich-Wecken. Der rauchig-klirrenden Duftnote des 2019ers entspricht auch ein kühl-frisches Mundgefühl. Dafür sind Zitrus-Zesten, viel Steinobst (vor allem: Nektarinen) und ein schon als bremselnd zu bezeichnender Eindruck von Lebendigkeit. Dieser Wein hat nicht nur eine echte Tiefendimension, sondern mit der erneut auftauchenden Toastbrot-Röstigkeit schließt sich am Ende auch der Aromenkreis.
Zwei kühle Weckrufe vom Kremser Wachtberg
Gänzlich auf der kühlen Seite, wenn auch mit deutlich mehr Kräuter-Anmutung, war auch Franz Türks Riesling vom Kremser Wachtberg geparkt. Der Stratzinger Winzer hat hier die kühle Seite betont und damit einen bereits jetzt gut antrinkbaren Weißwein gefüllt. Dass es sich um einen Riesling handelt, würde man angesichts der Kostnotizen nicht vermuten; denn Zitrusnoten, vor allem Limetten, und das Süßgras Vetiver machen neben Grünem Apfel das Duftbild aus. Der Winzer selbst spricht von Minze und Grapefruit in der Beschreibung des 2019ers. Kurz: Es ist eigentlich ein als Veltliner verkleideter Wein, der dem gepflegten „easy drinking“ ab sofort vorbehalten ist.
Denn auch am Gaumen zeigt sich Türks „Wachtberg“ unbekümmert und kräuterwürzig. Hier ist es mehr die Frische von Basilikum und ein ausgeprägtes „Pfefferl“, das den Trinkfluss aufpeppt. Auf der Frucht-Seite knackt wieder hörbar ein Grüner Apfel. Frühe Form und viel Trinkspaß, würden wir sagen!
Immer wieder erstaunen auch die Weine von Petra Unger, die man in der Gastronomie leider nicht so oft sieht. Doch fast immer sorgen sie für Begeisterung, wenn bei einer Verkostung die Weißen aus Furth geöffnet werden. Auch in diesem Falle punktete die Winzerin unter unseren persönlichen „all stars“ der Grafenegg-Probe mit beiden Sorten, Riesling und Grünem Veltliner.
Der „Oberfeld“ kann die Herkunft vom Löss und die Kraft der 14 Volumsprozent nicht verleugnen – schon in der Nase wirkt dieser Veltliner extraktreich und lässt einen Schwall Bananenduft in die Welt hinaus. Doch mit Luft zeigt er auch eine andere Seite, die säurigere Elemente zeigt. Gelbe Paprika wie aus einer Peperonata, auch frische Brennnesseln, sind zu erschnuppern. Diese leichte Gemüse-Note zeigt auch am Gaumen Wirkung; hier bringt der 2019er aus dem Kremstal eine Menge Druck mit, doch er kann auch mit seiner Säure und einem noch merklichen Tannin ausgleichen. Der Gerbstoff spiegelt hier fast mineralische Noten vor, er stützt die satten Eindrücke und die zarte Süße der Tropenfrüchte am Gaumen. Dass man hier noch zuwarten sollte, mindert das Vergnügen der ersten Bekanntschaft nicht.
Fast als Gegenpart kann hingegen Ungers „Gaisberg“ gelten, zumindest, was den Duft dieses 2019er Rieslings betrifft. Die Lage in Stein hat einen rauchig-würzigen Wein hervorgebracht, der im ersten Moment an Knäckebrot erinnert in seinem trockenen Duftbild. Allerdings fällt er weitaus fruchtiger aus, als dieser – lediglich hinsichtlich der Frucht – verkapselte Duft erahnen lässt. Lagerapfel und „Stollwerck“ leiten einen Wein ein, der immer neue Facetten zeigt. Anfangs bringt Ungers Riesling gelbe Trockenfrüchte (Dörrmarille, aber auch Ananas-Würferl) mit. Dann kommt eine an Marzipan erinnernde, betörende Ader immer stärker durch. Sie schwillt im Finish noch an und erinnert dann nahezu an luxuriöses Konfekt – auch hier entwickelt sich Großes für die kommenden Jahre im Keller.
Und das war erst Teil 1 der 2019er Empfehlungen aus dem Kremstal!
Bezugsquellen:
Weingut Salomon Undhof, Grüner Veltliner „Wachtberg“ kostet EUR 20, der Riesling „Pfaffenberg“ EUR 36,70, beide ab Hof und im Webshop, www.salomonwines.com
Weingut Türk, Riesling „Kremser Wachtberg“ 2019 kostet EUR 17,70 ab Hof bzw. im Webshop, www.weinguttuerk.at
Petra Unger, Grüner Veltliner DAC Reserve „Ried Oberfeld“ 2019 ist um EUR 18,90 zu haben, der Riesling „Gaisberg“ 2019 um EUR 18,50, beide bei Huemer’s Feine Weine, www.feine-weine.at