Es war einer der Momente, der die Whisky-Welt veränderte, als David Stewart 1993 den ersten The Balvenie „Double Wood“ vorstellte. Die Aromenvielfalt des Single Malts erweiterte sich durch die Reifung in einem zweiten Fass-Holz – neben der US-Eiche der ehemaligen Bourbon-Fässer – beträchtlich. „Seasoning“, würzen, nennen die Master Blender den Einsatz von Sherry-, Madeira-, Süßwein-, Rotwein- oder – erst seit kurzem erlaubt nach schottischem Whisky-Recht – Tequila-Fässern. Doch dieses Verfahren ist kein Alleingang der Whisky-Destillen.
Für Rum hat man das Verfahren ebenfalls schnell entdeckt, wobei man hier von einem eher umgekehrten Aromen-Austausch sprechen kann. Während dem Gersten-Brand Whisky eine gewisse Fruchtigkeit gut steht, hat die Süße des Rums einen Widerpart in den trockenen Noten einiger „Vorbelegungen“ – seien es salzige, nussige oder auch kräutrige Einflüsse, die man sich hier ersehnt. Alexandre Gabriel war der Mann, der für viele Rum-Trinker mit seiner Plantation-Serie dieses Verfahren populär machte. Selektionierte Rums aus aller Welt, nicht nur der Karibik, lagert er in Frankreich in Fässern seiner Wahl nach. Das kann dann etwa ein ehemaliges Pineau de Charente-Fass sein, das den Guyana-Rum veredelt – um eines unserer persönlichen Lieblingsbeispiele aus der „Single Cask“-Range zu nennen.
In ihr hat man im Château de Bonbonnet schon etliche Rums einer Double Cask-Behandlung unterzogen – vom Ocho Tequila bis zum Craft Beer-Barrel von Partizan Brewing aus London. Doch Alexandre Gabriel ist auch der Mann hinter Cognac Ferrand. Und historisch nutzte auch die Cognac-Brenner-Riege Zweitbelegungen. Das „Rancio“, ein schwer zu definierender Touch (zu) warm gewordenen Nuss-Öls, den auch alte Weine mitunter zeigen, prägte jene Destillate, die auch in einem Süßwein-Fass gelagert wurden. Nach der Region sprach man im 19. Jahrhundert vom „Rancio Charentais“ – und auch das wollte man beim Cognac-Bilderstürmer Ferrand wiederbeleben.
Die Basis, die in zwei Fässern reifen durfte, stellt die höchstklassifizierte Variante von Ugni Blanc– und Colombard-Weinbränden dar, nämlich nur solche aus der Grande Champagne, so etwas wie dem „inner circle“ der Anbaugebiete der Charente. Danach erhielt die am Ende mit 42,3% Alk. abgefüllte „Pierre Ferrand Réserve Grande Champagne“ ein Fass-Finish in Banyuls-Fässern. Vor einigen Jahren feierte dieser mit AOC-Herkunftsbezeichnung geschützte rote Likörwein (zumindest 50 % muss die Rebsorte Grenache ausmachen) ein Comeback – kaum ein Schokodessert in der Sterngastronomie kam ohne ein Glas des aus vier Gemeinden im Languedoc (Banyuls-sur-Mer, Cerbère, Collioure und Port-Vendres) stammenden Banyuls an den Tisch.
Der eigene Charakter dieses würzig, schokoladigen Weins mit beträchtlichem Gerbstoff schlägt auch im Cognac durch. Das sei vor den Kostnotizen erwähnt, weil nach wie vor viele mit dem alten Franzosen hadern: Ein wunderbarer Duft nach Ganz-Trauben-Nuss-Schokolade leitet die Réserve ein. Für Österreicher erinnert das Aroma des „Double Cask“-Cognacs auch an gedörrte Birnen („Kletzen“) und noch grüne Haselnüsse – auch so lässt sich das „Rancio“ umschreiben. Es ist ein beeinträchtigtes „Nusserl“, könnte man sagen. Der erste Schluck hingegen bringt eine neue Komponente ein, die einige Cognacs auszeichnet, nämlich eine satte Orangen-Note, die aber auch eine herbe Seite (Zesten) einbringt. Dem britischen Antritt einer „thick cut“ Orangenmarmelade folgt ein seidenweicher Mittelteil mit sehr viel schokoladigem Schmelz. Jetzt setzt dann aber das „Erbteil“ des Banyuls-Fasses ein. Nussig-trocken wie ein Sherry gestaltet sich das Finale, das in seinem Nachhall auch ein wenig salzige Noten (man denke an Erdnuss-Butter und Salzmandeln!) mitbringt.
Tatsächlich hat man damit die Aromenzone eines klassischen Weinbrands erweitert. Und wenn schon „Double Cask“ am Etikett steht, dann soll man das auch schmeckt. In diesem Falle kann man nur ein „bien fait!“ in Richtung des Château de Bonbonnet schicken.
Bezugsquelle:
Cognac Ferrand, Pierre Ferrand Réserve (Double Cask) ist um EUR 59,90 (0,7 Liter-Flasche) im Webshop von Weisshaus erhältlich, www.weisshaus.at