Daheim kaserniert, läuft auch der Plattenspieler zur Hochform auf. Die abgespieltesten LP kommen natürlich zuerst auf den Dreh-Teller. Es sind die sentimentalen Favoriten. Jene Werke, bei denen man auch nach Jahren der Hör-Absenz jedes Wort mitsprechen (wenn keiner da ist: auch -singen) kann:
Well, my time went so quickly
I went lickety-splitly out to my ol‘ fifty-five
As I pulled away slowly, feeling so holy
God knows I was feeling alive!
So beginnt Tom Waits’ großartige Platte „Closing Time”, die vielleicht wichtigste LP der Sammlung (Gründe dem Verfasser bekannt). Gleich daneben steht dann „Astral Weeks“ (Van Morrison, sollte man aber so auch wissen) und jene LP, die uns zum heutigen Getränk führt: „Songs from a Room“, Leonard Cohens zweites Album. Die letzte Ausstellung, eher der Covid-Curtain fiel, war dem kanadischen Multitalent gewidmet – „A Crack in everything“ tourt ausgehend von Cohens Geburtsstadt Montréal zuerst nach New York und dann nach Kopenhagen. Auch dort in der Kunsthalle servierte man wie schon zuvor Jüdischen Museum zu NYC „Cocktails with Cohen“.
Eigentlich geht es nur um einen Drink, den New Yorker wie Kopenhagener bestellen konnten – der allerdings stammt vom Meister selbst. Erfunden wurde der Drink von Leonard Cohen 1976 in San Bernardino County in Kalifornien, genauer gesagt im Städtchen Needles. Gemeinsam mit der intensiven Farbe des Cranberry-Saftes erklärt das den Namen der flüssigen Cohen-Kreation „Red Needle“. Im Grunde ersetzte er den Wodka des „Cape Codder“ mit Tequila, man kann aber auch sagen, dass die Grapefruit einer „Paloma“ eine Faktorenzerlegung erlebt. Herb und sauer wird der Drink auch durch eine Kombination aus Cranberry und Zitrone.
Dass der mit 6 Zentiliter Tequila gemixte Drink auch „einfährt“, zeigte sich übrigens bei den Aufnahmen zu „The Future“ im legendären Capitol Records-Studio in Hollywood. Denn Leonard Cohen kam von einem Toilettengang einfach nicht mehr zurück. Letztendlich hatte der Studio-Hausmeister ein Malheur zu beseitigen, berichtet Sylvie Simmons in der Biographie „I’m your man: The Life of Leonard Cohen“. Dort findet sich auf Seite 366 auch die Zutatenliste seines im Übermaß genossenen Drinks, wie sie der Kanadier selbst schilderte: „Tequila and Cranberry juice and fresh fruit with lemon and lime“. Aktuell wird der „Red Needle“ aber als Dreiteiler gemixt:
The Red Needle
(Leonard Cohen, 1976)
6 cl Tequila (1999 mixte Cohen für Edel-Fan Jarkko Arjatsalo – und nahm Patrón Tequila)
12 cl Cranberry-Saft
1,5 cl Zitronen-Saft
Glas: Weinglas (Cohens Vorschlag) oder Tumbler (praktischer)
Dekoration: Zitrone, wenn man will
Zubereitung: Wie ein Highball wird dieser Drink im Glas “gebaut”. Zuerst das Eis ins Glas geben und umrühren. Etwaiges Schmelzwasser abgießen, dann die übrigen Zutaten miteinander verrühren.
Wem der Drink zu herb ist, der kann ein bisschen Agaven-Honig zugeben – dann muss allerdings länger/besser umgerührt werden. Cohen selbst hat das Rezept übrigens abgewandelt. Etwa, wenn er 1992 im Interview mit Barbara Gowdy (TVOntario) „tequila and cranberry juice and Sprite and fresh-cut fruit“ als Zutaten nennt. Mit Sprite wird die Sache natürlich ebenfalls süßer. Aber im Grunde ist die einfache Rezeptur da, sie seinem persönlichen Geschmack anzupassen – so wie die „playlist“ seines Plattenspielers.
Bezugsquelle:
Tequila Patrón, „Silver“ ist um EUR 41,90 (0,7 Liter-Flasche) beim Weisshaus-Versand erhältlich, www.weisshaus.at