Es hätte auch schnell aus sein können. Denn der Schaumwein, der heute das Langenloiser Weingut Steininger zur heimischen Größe macht, startete 1989 als Experiment. „Wären wir nicht gleich im zweiten Jahr Landessieger damit geworden, hätten wir vermutlich nicht weitergemacht“, erinnert sich Karl Steininger bei unserem Besuch. „Hätte, hätte, Fahrradkette“, kann der Sektfreund da heute nur sagen, denn Steininger und seine Tochter Eva blieben dran. Und sie drehen im 30. Jahr des Prickelns noch immer am Schräubchen der Innovation. Das zeigte der kurz geplante, letzten Endes aber sechsstündige Kostausflug zu den Sekt-Pionieren.
Die jüngste Spielart besteht in drei sortenreinen Sekten, die es auch als Grosse Reserven gemäß dem neuen Sekt-Reglement gibt: Riesling, Grüner Veltliner und Weissburgunder kommen in der „elementar“-Serie aber ohne Fülldosage, Schwefel und Filtrierung zum Kunden. Der Puristensekt ist anders, das weiß auch Steininger. Wer eine mostige Duftnote oder orange Färbung der Marke Naturwein erwartet, wird vom elementaren Sprudel aus Langenlois aber überrascht. Allenfalls der Rieslingsekt bringt kurzfristig zarte mostige Noten mit, bei ihm v erschwindet die Sorte aber zugunsten der Struktur und einer ungewöhnlich dunkelfruchtigen Aromatik (Himbeerpüree).
Im Duft sind es Alpenkräuter, frische Blüten und etwas Nuss, die einen druckvollen Schaumwein einleiten, der mit erdigem Langpfeffer und dem besagten Beeren-Touch ausklingt. Ganz anders hingegen ist der Grüne Veltliner „elementar“, bei dem die Fruchtigkeit mit Mango, Honigwabe und Papaya schon in der Nase einlädt. Langsam öffnet sich der anfangs Zitrusfrucht-betonte Wein; dann kommt ein ganzer Schwall Holunderblüten zum Vorschein. Auch etwas Gerbstoff legt sich über dieses Zitronenbaiser von einem Sekt, feine Gewürznelken stehen auch im Hintergrund.
Der Liebling allerdings aus der „elementaren“ Reihe war für uns der Weissburgunder. Lilien, grüne Birnen und unreife Mangos, dazu der zarte Maiglöckerl-Duft signalisieren deutlich wie ein Überkopfwegweiser, dass man sich hier vom Mainstream entfernt. In der Tat bringt der Sekt viel gelbe Früchte im saftigen Antrunk mit. Sein Gerbstoff legt sich wie eine Bremsspur dieses Frucht-Katarakts an den Wangen an. Die milde Säure dieses Apfel-Mango-Nektarinen-Mixes steht für die feine Klinge dieses Sekts.
Geerntet wird diese Sorte am Panzaun, denn die Steiningers verfügen glücklicherweise über große Lagen wie Heiligenstein (Riesling) und Steinhaus (Veltliner), aber eben auch den Panzaun, den alle kennen, die wie wir Michaela Ehns gleichnamigen Veltliner für einer der besten unbekannten Zechweine der Gegend halten. 2013 wurde der Wein für die Große Reserve eines Weissburgunders verwendet, der komplex und unkonventionell ist. Naan-Brot vom Inder kommt einem in den Sinn bei der ebenso buttrig wie rauchig ausgefallenen Nase. Sesam, Ringlotte, Malz und Bananenchips notiert man aber auch nicht jeden Tag.
Das feine Mousseux der jahrelangen Hefelagerung (vorgeschrieben wären drei Jahre bis zum Verkauf für die Grand Reserve) beeindruckt und bringt fast tropische Früchte mit, die aber alle wie geeist wirken. Saftige Ananas trifft so auf kühle Grapefruit, im Rückaroma merkt man sogar geröstete Kokosnuss. Weil natürlich der Vergleich gern bemüht wird: Champagner mag ähnlich viel kosten, die mit Dosage auf Everybody’s Darling getrimmten Bruts der großen Maisons hängt dieser Weißburgunder 2013 aber um Längen ab.
Ähnliches läßt sich von der zweiten der drei Großen Reserven, dem 2013er Riesling vom berühmten Heiligenstein, behaupten. Strahlend fällt sein Duft nach Weingartenpfirsich aus. Da weiß man, welche Sorte versektet wurde! Zumal sich auch noch zarter Rauch, Pink Grapefruit und ein Abrieb von der Tonkabohne dazu gesellen. Cremig kleidet Steinobst den Gaumen aus, die Marille ist fast physisch zu greifen, Limettenzeste wiederum sorgt für Frische. Doch eine Große Reserve ist nichts Eindimensionales: Kardamon und Pfirsich melden sich ebenso wie sanfte zimtige Noten im Hall dieses in jedem Fall großen Sekts.
Und wem diese Königsklasse oder die elementar-Serie zu fordernd ist: Mit dem sortentypischen Muskateller-Sekt wurde man soeben Landessieger, der cremige Traminer-Sekt bietet mit seinen vorwitzigen Wildrosen-Kirschblüten-Tönen mächtigen (Sommer-)Trinkspaß. Gut, dass wir wieder mal in Langenlois waren!
Bezugsquelle:
Steininger, „elementar“-Sekte kosten EUR 28, die Großen Reserven – auch sie gibt es von Weissburgunder (Ried Panzaun), Riesling (Heiligenstein) und Grünem Veltliner (Steinhaus) – kommen auf EUR 38, alle im Webshop bzw. ab Hof, http://weingut-steininger.at