Spannend, spannend! Was bislang die Donautal-Einzelkämpfer der Österreichischen Traditionsweingüter (ÖTW) als Verein unternahmen, zieht weite Kreise: Die Charakterisierung der besten Lagen (Rieden) ist seit Neuestem vom Traisental bis zur slowakischen Grenze nach einem Kriterienkatalog geregelt. Sieht man von der Wachau ab, dann haben sich durch den heuer erfolgten Beitritt der Weinbaugebiete Wien und Carnuntum die Visionen von Willi Bründlmayer und Michael Moosbrugger, den bisherigen ÖTW-Obleuten, erfüllt.
Für Weinfreunde mag das noch ein wenig ungewohnt sein, doch die erste gemeinsame Verkostung der Wiener und Carnuntumer „Ersten Lagen“ (die Spitzenliga der „Großen Lagen“ zu bestimmen hat man noch vor sich) war ein gewaltiger Erfolg. Das Schloß Petronell, halb restauriert, hell und offen selbst im Prunksaal, umrahmte die Kandidaten der Carnuntumer – sie werden die Ersten Lagen erst 2019 nominieren, so Gerhard Markowitsch als regionaler ÖTW-Obmann – und die Ersten Lagen der Wiener. 77 Proben, darunter aus Carnuntum auch Rotweine, standen bereit, die Highlights werden wir in drei Folgen vorstellen. Den Auftakt der „erstlagigen“ Empfehlungen machen die Wiener Weine.
Bewusst hat man bei der WienWein-Gruppe auch den Weissburgunder in das neue Regelwerk aufgenommen, seine Ergebnisse sind herausragend, auch wenn die Sorte selbst im Schatten der „big three“ (Gem. Satz, Veltliner und Riesling) stehen mag. Bester Beweis ist Rainer Christs Bisamberger Pinot Blanc vom Falkenberg. Der jugendliche 2017er braucht viel Luft, dann entwickelt sich aus der Zitrus-Note im Duft ein fruchtig-herber Mix, der an Grüne Mango oder Erdbeerblätter erinnert. Das hervorstechende Merkmal im Mund ist die von A bis Z durchgängige Mineralität dieses Weins. Sie steht fast über der Frucht, die von Ananas bis Gelbem Apfel reicht, der Honigmelonen-Touch wird von einer salzigen Art mitgerissen, im Finish bleibt praktisch nur mehr die Struktur des „Falkenbergs“ übrig. Einer der spannendsten Weißburgunder, nicht nur der Hauptstadt!
Christ hatte auch einen weiteren Spitzenwein der Probe in Petronell aufzubieten. Der Gemischte Satz aus der alten Ried Wiesthalen hat bereits in der Nase eine doppelte Natur: Holunderblüten und Teekräuter (vor allem Zitronenverbene) driften im Duft nämlich allmählich in Richtung tropischer Noten. Das Spiel wiederholt sich am Gaumen, wo einem fruchtsüßen Beginn eine immer präzisere Mineralik folgt. Sie wird von einem Touch Weißem Pfeffer begleitet, der einiges zum Trinkanimo beiträgt. Die Blutorange am Gaumen steht für den Säurebogen, der bereits jetzt großen Spaß mit diesem balancierten „high end“-Mischsatz macht.
Als Lage eine Klasse für sich im Konzert der besten Rieden war einmal mehr die „Preussen“. Das Filetstück am Nussberg konnte auch für Laien über die Sorten hinweg ihren eigenständigen Charakter zeigen. Das begann mit dem Gemischten Satz, den das Weingut Rotes Haus (am kl. Bild links: Verkaufsleiter Paul Kiefer) in dieser sonnenverwöhnten Südlage stehen hat. Dieser 2017er bietet Sesam pur, ein klares Anzeichen für kräftige Boden-Töne, dazu auch das Paniermehl Panko und Rumrosinen mit Karamell, letztere dem Ausbau geschuldet.
Doch auch er kann die Struktur des Bodens nur rahmen, nicht überbieten: Die Frucht bleibt im Hintergrund, würzige Töne von Zimtrinde über den Sesam bis hin zu Estragon und – im Finish vor allem – Bergamotte dominieren. Noch hat sich der 2017er Ried Preussen nicht 100%-ig sortiert, aber das Potential dieses Weins ist unverkennbar.
Fritz Wieninger wiederum, so etwas wie der Meister vom Nussberg, hat in der „Ried Preussen“ einen seiner besten Rieslinge stehen. Der 2017er überzeugt vom ersten Schluck weg, egal was er noch für ein „Baby“ sein mag: Jasmin-Blüten, Nusskuchen und Nektarine machen neugierig auf diese Version von der „Preussen“. Saftiges Steinobst legt sich gleich einmal auf den Gaumen. Hier serviert man nicht nur eine Ahnung vom sortentypischen Pfirsich des Rieslings, der gesamte Schluck wirkt wie ein Biss in frischen Weingarten-Pfirsich. Bereits in dieser frühen Form ist Wieningers „Preussen“ nicht weniger als ein prototypischer Riesling mit kräuterwürzigem Abgang.
Bezugsquellen:
Weingut Christ, Wiener Gemischter Satz „Ried Wiesthalen“ 2017, kostet EUR 22 ab Hof, der Weissburgunder „Ried Falkenberg“ 2017 EUR 29, www.weingut-christ.at
Rotes Haus, Grüner Veltliner „Ried Preussen“ 2017, ist um EUR 25 ab Hof zu haben, www.rotes-haus.at
Weingut Wieninger, Riesling „Ried Preussen“ 2017, kommt vermutlich im November 2019 – nach entsprechender Flaschenreife – auf den Markt. Daher noch keine Preisangabe möglich, Vorbestellungen über www.wieninger.at