Die Destillerie in der malerischen Bucht der Insel Islay hat sich zum Geburtstag einen neuen Anstrich verpaßt. Überall prangt der „1816-2016“-Schriftzug, auch wenn Whisky in Lagavulin länger produziert worden sein dürfte. Die Ruine gegenüber der Destillerie war eine Burg des „Lord of the Isles“, der seine schützende Hand über die Schwarzbrenner hielt. „The excise officer never came to Islay“, heißt es in der lokalen Folklore, denn durch den Whisky konnten die Pächter ihrem adeligen Grundherrn wenigstens etwas zahlen. Ungehindert durch britische Steuerbeamten, die man weder in Schottland, noch Irland gerne sah. Doch offiziell wurde die Lagavulin-Destille eben 1816 ins Steuerregister eingetragen, Nachbarn wie Ardbeg und Laphroaig taten das mehr oder weniger zur gleichen Zeit (nämlich 1815) ebenfalls.
Doch nicht nur die Produktionsstätte, in der Georgie Crawford ihren Dienst tut, wurde aufpoliert, auch für die weltweite Fangemeinde gab es ein Geburtstagsgeschenk in Form einer Sonderabfüllung. Dieser „8 years“ führt ein Zitat aus Alfred Barnards „The Whisky Distilleries of the United Kingdom“ am Label: „Exceptionally nice“ fand er 1886 den damaligen „Achtjährigen“ der „Mühle im Tal“, was Lagavulin übersetzt bedeutet. Trinkprotokoll.at verkostete den aktuellen „8 years“ vor Ort auf Islay.
„Wir wollten eine „inklusive“ Feier, keine exklusive, alle sollen mitfeiern können“, begründet Dr. Nick Morgan die Entscheidung für einen jugendlichen Jubiläumswhisky. Immerhin ist die Standardabfüllung bei Lagavulin stolze 16 Jahre alt. Sammlern machte man übrigens ein besonderes Geburtstagspräsent, wenn auch ungewollt. Denn auf der deutschen Verpackung steht bei der ersten Charge „Zuckerkulör“ als Zutat, doch der Single Malt ist – man sieht das deutlich – keineswegs mit Karamell gefärbt. Auch Weltkonzernen passieren also Fehler…den Whisky-Geek freut so was natürlich. Noch mehr Freude macht ihm aber der Flascheninhalt, der in Zeiten über-zahlter Sonderabfüllungen nicht nur leistbar ist, sondern auch zeigt, wie viel Power auch ein vermeintlich „junger“ Malt mitbringen kann.
Die unverkennbare, gern mit dem Rauch-Tee Lapsang Souchong verglichene Note der Islay-Whiskies ist von Anbeginn da. Dazu fruchtige gelbe Akzente und Gewürznelken, ist das Apfel-Kompott? Warum nicht! Leder und Streichholz-Schwefel sorgen für die maskulinen Akzente rundherum. Im Mundgefühl kann der junge Lagavulin nicht mit der Reichhaltigkeit seiner älteren Brüder mithalten, aber das ist auch nicht nötig. Denn auch ohne ölige Noten überzeugt das Aroma mit seiner sanften Kraft: Viel dunkle Schokolade, etwas Trockenfrüchte (Dörrmarille, aber auch Apfelringe) und eine salzige Rauchmandel-Note vereinen sich zu einem vielschichtigen Geschmack. Frische, zarte Bitterkeit, alkoholische Kraft und süßer Rauch gehen am Gaumen praktisch die vollen 360 Grad des Aromenrads durch.
Das lange, würze-geprägte Finish hätte man am wenigstens von einem acht-jährigen erwartet; der Pfeffer-Biss klingt noch lange nach, auch hier mischen sich wieder zarte Algen-Noten (Dulse) in das Rückaroma. Fast wirkt es so, als wollte der Nachklang uns daran erinnern, dass der Jubiläumswhisky von einer windgepeitschten Insel stammt.
Bezugsquelle:
Lagavulin, „8 years“ (200th Anniversary), ist um EUR 57,20 (0,7 Liter-Flasche) bei Getränke Del Fabro erhältlich, http://delfabro.at/