1947 wurde der Weinberg in Deutschkreutz ausgepflanzt, der einen Namen trägt, den er mit vielen Rieden Österreichs teilt. „Goldberg“ nannten die Winzer gerne den ertragreichsten Weingarten, sei es, dass er große Mengen oder den besten Preis erbrachte. Von den großen Mengen der alten Anlage kann Silvia Heinrich nach über 70 Jahren nur träumen. Doch die Qualität des Blaufränkisch, der hier wächst, ist umso höher. Zumal man den Trauben auch die Zeit gibt, sich zu bestrickenden Weinen zu formen. „Drei Jahre bleibt die „Goldberg Reserve“ im Fass, manchmal auch ein Jahr länger“, so die Winzerin entspannt.
Diesmal ist es 100% neues Holz, das dem Jahrgang 2019 ein kräftiges Gepräge verleiht, das schon im Duft erkennbar wird: Nougat-Schokolade, reifste Kirschen, die sich schon fast schwarz zeigen, vor allem aber Schwarzer Pfeffer satt und eine an Nicaragua-Zigarren erinnernde Tabakwürze notierten wir. Der Eindruck am Gaumen fällt unterschiedlich, aber nicht weniger nachdrücklich aus: Saftig ohne Ende, haben hier die schwarzen Beeren das Sagen. Holunder und Brombeere werden von einem zarten Nerv getragen, der mit seiner säurigen Präsenz einerseits die noch immer hohe Jugendlichkeit dieser Blaufränkisch-Reserve signalisiert. Vor allem aber behauptet sich dieser Zug, der im Finish auch mit etwas Gewürzpaprika (piment d’Espelette) versehen ist, gegen die kräftigen Eichenholz-Töne. Das Match gegen die Würze der ur-alten Reben wird die Bitterschokolade nicht gewinnen – das wird die Zeit zeigen. Und auch die Güte dieses 2019ers.
Die eigentliche Überraschung im kleinen Tasting mit der Winzerin stellte aber Heinrichs rarer „Cupido“ dieses Jahrgangs dar. „Er ist die Essenz des Goldbergs“, beschreibt sie diesen Wein einem Kollegen, der ihre Weine nicht so gut kennt. Präzise ist diese Beschreibung, der sie auch die aktuelle Bezeichnung – traditionell französisch gehalten – beifügt: „L’amour au tournant“ nennt Silvia Heinrich den 2019er. Das passt. Denn die Liebe hat sich auch bei uns gewandelt. Ist in der Regel der Goldberg Reserve der zugänglichere der beiden vom Filetstück stammenden Blaufränkischen, zeigt sich dem Trinkprotokollanten diesmal der „Cupido“ in strahlender Frühform.
Nach vier Jahren im Fass eine so pure Amarena-Kirsche aufzuweisen, stellt allein schon eine Leistung dar. Der Fruchtduft, der herbe, aber auch säurige Anklänge aufweist, erinnert auch an Carob-Sirup oder „Bockshörndl“, wie wir die seltsamen Gebilde am Johannisbrotbaum immer nannten, als wir noch draußen in der Leitha-Au spielende Buben waren. Lediglich ein feiner Röstkaffee-Ton verrät die lange Schulung des 2019ers im Eichenholz.
Doch der Eindruck täuscht nicht: Auch im Mund legt die Säure einen jugendlichen Takt vor. Da kann auch das samtige Mundgefühl nicht darüber hinweg täuschen. Die würzige Seite unterstreicht neben dem Tiefgang, den so nur alte Reben bieten können, auch die Frische. Man denkt unwillkürlich an Grünen Pfeffer. Das zieht sich in dem langen und dann ätherisch verhauchenden Abgang weiter. Auch hier ist das Potential klar. Wobei es einen hier schon in den Fingern juckt, diesen Wein jetzt schon seinen Freunden zu zeigen. Wenn sich der Korkenziehen dreht, wäre das ja auch „L’amour au tournant“. Irgendwie.
Bezugsquelle:
Weingut Silvia Heinrich, Blaufränkisch Ried Goldberg Reserve 2019 kostet EUR 29,90; der Cupido „L’amour au tournant“ 2019 ist um EUR 69,- zu haben – alle beide ab Hof bzw. im Webshop der Winzerin, www.weingut-heinrich.at