Es war eine gigantische Feier, ein echter mulatság, wie er der Statur von „Butcher“ Hans Schwarz würdig war. Speis und Trank würden im neuen „Schwarz-Markt“ nicht ausgehen, so viel war sicher! Und natürlich lief beim 25. Jubiläum der als Hobby-Projekt gestarteten Winery im Burgenland der Schmäh: „Die Sunn‘ hat mir das G’wicht nicht auffeg’schienen“, erklärte Schwarz bei strahlendem Sonnenschein seine Liebe zu fleischigen Genüssen. Dieser Beschreibung haftete lange auch dem „Schwarz Rot“, nach kalifornischem Vorbild mit hochreifen Trauben, viel Extrakt und Holzeinsatz gekeltert, an. Nicht alle verstanden das in der Jugend der Weine. Doch was heute in Glas kommt, hat andere Qualitäten.
Das zeigte sich im Vergleich der Jahrgänge, wo beim Fest in Andau der Jahrgang 2002 vermutlich der beste der verkosteten Weine war. Doch man muss keine 20 Jahre mehr warten, seit Michael Schwarz federführend im Keller ist. „Easy Drinking“-Flascherl wird aus dem „Schwarz Rot“ in diesem Universum sicherlich keines mehr, dafür hat man andere Optionen im beeindruckenden neuen Haus namens „Schwarz-Markt“ (kl. Bild links). Der bekannteste Wein hat aber weiterhin eine wichtige Aufgabe: Er zeigt, was mit der aktuell so schwierig zu verkaufenden Sorte Zweigelt möglich ist. Und auch der Spielraum, den man dem Jahrgang lässt, war bei der inoffiziellen Vertikale an „Schwarz Rot“ klar in den aktuelleren Jahren – ab 2015 – zu bemerken.
Unser Vergleichspaar 2018 und 2022 zeigt das anhand zweier heißer Jahrgänge, die sich im Grunde ähnlich waren. Kenner mit „feinen Haaren“ werden den Unterschied am Niederschlag (2018 hatte rund 10% mehr davon zu bieten) festmachen. Doch im Glas entscheidet weniger die Ähnlichkeit, sondern es zeigen sich Unterschiede, die über die reine Altersdifferenz hinausgehen. Dem 2018er geben etwa diverse Küchenkräuter viel Würze im Duft mit – vor allem ein vorwitziges Stammerl Thymian legt sich mächtig ins Zeug, die Kirschfrucht in ihrer Intensität zu übertrumpfen. Die dunkle Kirsche obsiegt, denn auch Brombeer-Aroma steht ihr zu Seite. Und doch entfaltet dieser Zweigelt schon beim Riechen zwei Pole. Lorbeer und edelsüßer Paprika unterstreichen die gewürzige Tiefe, während die dunklen Beeren für satten Frucht-Ausdruck stehen.
Die Erwartung löst dieser Rote aus Andau voll ein. Von der ersten Sekunde an ist er ein saftiges „Mäuvoll Wein“: Tiefe Würze trifft auf eine konzentrierte Frucht, bei der man an Maulbeere und Holunder (sehr reifen!) denkt. Denkt man in architektonischen Dimensionen, dann packt er alles in die Mitte. Denn der Nachklang ist immer noch nicht fertig gebaut. Gerbstoff und eine dezente Mokka-Erinnerung im Geschmack signalisieren vor allem eines: Immer noch großes Potential!
Der aktuelle Jahrgang – es ist der 2022er „Schwarz Rot“ – zeigt dagegen ein anderes Gesicht. Und dass man das so zulässt, ist ein Lernpunkt in der 25-jährigen Schwarz-Geschichte. Wer sich an die ersten Jahrgänge, etwa den mächtigen 2002er, erinnert, wird hier einen starken Kontrast zwischen den beiden Jahren feststellen. Schon der Duft des 2022ers dreht in eine raffiniertere Richtung. Man muss ihm dazu Luft geben (Karaffe wäre ein Plus-Punkt!), dann aber entdeckt man getrockneten Lavendel, der sich mit Pfeffer zu einer Art zerstäubender Gewürzwolke vereint. Das florale Element wird von eine ungewöhnlich starken Rauch-Ton konterkariert. Zusammen zimmern sie einen Rahmen für die säurig-dunkle Frucht, die an einen Korb mit Heidelbeeren erinnert.
Das passt zu der kühlen Art dieses Jahrgangs am Gaumen. Ein Hauch Vanille und Mokka-dunkle Noten sind zu schmecken, die Frucht ist fleischig und weg von jeder Kirsch-Erinnerung. Brombeere und Heidelbeeren machen sich das untereinander aus. Dazu kommt ein vergleichsweise schon gut geschliffenes Tannin. Es ist weniger seine Qualität, die den 2022er zugänglich wirken lässt. Sondern der geringere Kontrast zum fruchtigen Mittelteil – gemessen am 2018er. Es ist sehr viel da für die Geschmacksknospen, das zeigen auch die feinen Bittertöne im Hall. Sie erinnern an Lorbeer und Schwarze OIive („Tapenade“-artig). Und doch ist hier die komplexe Mischung schon gut miteinander verwachsen.
Sorgen um die Lager-Fähigkeit braucht man sich bei Schwarz ohnehin nicht machen. Doch der 2022er macht bereits in jungen Jahren Spaß. Er wird in vier Jahren zweifellos verführerischer sein, als es der 2018er heute ist. Aber gerade das macht für Fans dieses Weines ja den Reiz aus. Denn auch wenn es sich um tiefdunkle Weine handelt: Cola, das immer gleich schmeckt, macht man in Andau keines!
Bezugsquellen:
Weingut Schwarz, „Schwarz Rot“ 2022 ist um EUR 46,50 ab Hof und im Online-Shop erhältlich, https://shop.schwarz-weine.at
Weingut Schwarz, „Schwarz Rot“ 2018 wird nur mehr in der Halbflasche (0,375 Liter) um EUR 27,- bei Hannes „Waki“ Wakolbinger angeboten, https://wakolbinger.at