Für Österreichs mit Abstand ältesten Whisky muss man nach München. Denn die geringe Menge von 282 Flaschen werden als hand-nummerierte Raritäten exklusiv via Dallmayr verkauft. Abgefüllt hat den Single Malt Hans Reisetbauer und man muss zurückdenken ans Jahr 2000: Was haben Sie damals gemacht? Wie bei allen langjährig gereiften Whiskys ist auch dieser eine Zeitreise. Und da passt der Beiname „Millenium Cask“, den man dem Single Malt aus Axberg verpasst hat.
Die Dekanter-artige Flasche ist aber auch ein Stück Whisky-Geschichte: Fünf Jahre zuvor wurden die ersten österreichischen Whiskys gebrannt, zwei Jahre zuvor kam der erste Single Malt, made in Austria, überhaupt erst auf den Markt. Reisetbauer war einer der beiden Pioniere in dieser Kategorie. Seine legendär guten Winzer-Kontakte bescherten ihm von Anfang an spannende Fässer, allen voran ehemalige Trockenbeerenauslese-Gebinde der Süßwein-Könner Heinz Velich und Gerhard Kracher. Auch das „Millennium Cask“ beinhaltete dereinst edelsüßen Wein. „Es war Chardonnay, der in unsere „Grande Cuvée“ kam“, bestätigt Gerhard Kracher die noble Provenienz. Zumal für Wein-Feinspitze dieses Fass auch noch von Alois Kracher befüllt worden war.
Nun aber reifte der Whisky in Kirchberg-Thening für beinahe ein Vierteljahrhundert darin. Kein „Finish“, Vollreifung wohlgemerkt! Dass sich die Destillateure Hansi jun. und Hans Reisetbauer dafür entschieden, diese Rarität in Fass-Stärke von 56% vol. zu füllen, ist ein Glücksfall. Man hätte mehr Flaschen zu 40% oder 43% erhalten, doch das wäre flüssige Geschichtsverfälschung bei diesem Malt gewesen. Der übrigens gegenüber dem, was international für „Twenty-somethings“ aufgerufen wird, fast ein Schnäppchen darstellt. Und zwar eines, das Austro-Whisky-Geschichte schreibt: Seit 29 Jahren gibt es diese Kategorie. 24 davon reifte dieser Single Malt.
Wer nun ein neues Komplexitätslevel erwartet, sei nicht länger auf die Folter gespannt. Denn so erlebten wir den „Millennium Cask“ (es war Flasche No. 189), nachdem er nach 24 Jahren ins Glas durfte: Die natürliche Farbe nach so langer Zeit ist ein attraktives Gold-Braun, was nicht schlecht zum markanten Edelholz-Duft des Malts passt. Er wird von einem Schwung an Kellogg’s Choco Pops in der ersten Nase begleitet. Aber Vorsicht! Denn dieser Whisky benötigt Luft und Zeit. In der Tat ist der „24 years“ einer der wenigen Single Malts, bei denen wir an Karaffieren wie bei einem Wein dachten. Denn erst mit der Zeit öffnen sich die Aromen von Leder, Zwetschken und Piment d’Espelette ganz behutsam.
Sofort großartig ist das Mundgefühl, das fast weich – für eine Fass-Stärke – wirkt. Eine Variation von Nüssen ist zu schmecken, die sich um einen schokoladigen Kern gruppiert. Und das TBA-Fass vom Kracher? Nun, im Nachhall erst tauchen deutliche Noten tropischer Früchte auf. Sie werden aber von dieser Pikanz begleitet, die sich schon im Geruch angedeutet hat. Das ergibt einen veritablen „gegrillte Ananas“-Moment in diesem sehr langen Finale. Und er täuscht nicht!
Fügt man zwei Tropfen Wasser zum Schluck aus dem „Millennium Cask“, dann tritt in der Nase der Leder-Zwetschken-Mix deutlicher hervor. Die enorme Süße ist aber erst jetzt zu spüren. Auch wenn die fast wacholdrigen Holznoten immer wieder hervorlugen. Was aber den schönen Effekt hat, dass man sich noch länger mit dem ältesten Whisky des Landes beschäftigt. Denn hier kann man die schottische Weisheit „Alter in Jahren ist Trinkzeit in Minuten“ getrost nach Kirchberg-Thening übertragen.
Bezugsquelle:
Reisetbauer & Son, Single Malt 24 years („Millennium Cask“) ist exklusiv über Dallmayr zu EUR 259,- erhältlich, www.dallmayr-versand.de