Getreide gebrannt hat am Hof bereits der Vater. Der lagerte seine Kornbrände aus der Hof-eigenen Gerste aber „nur“ in Ballons. Mit Hermann Rogner begann das „farmhouse distilling“ der eigenen Rohstoffe, aber den Namen „Whisky“ anzunehmen. 2000 startete der Waldviertler mit den Brennversuchen unweit des Kamp-Zusammenflusses, in Roiten bei Zwettl. Der Brenner sammelte rasch Erfahrungen, immer wieder überraschen die Innovationen wie Gin mit lokalen Aromagebern („botanicals“) oder seine Rum-Serie „Hermano“. Die Melasse ist aber eher eine Ausnahme am Hof, denn in der Regel stammen die Zutaten vom eigenen Anbau oder aus der unmittelbaren Umgebung. Der eigene Wald etwa liefert das Holz, mit dem die „Holstein“-Brennblase befeuert wird.
Auch für den Einstiegswhisky, den das AWA-Mitglied einschenkt, hat man eigenes Getreide verwendet. Der „3/3“ wird aus Roggen, Weizen und Gerste destilliert. Im Duft vermeint man auch die „Erbteile“ aller drei Getreide zu erkennen. Roggenbrot mitsamt den Gewürzen wie Fenchelsaat notieren wird, aber auch etwas weiches Karamell und getrocknetes Heu mit seinem leichten säuerlichen Touch. Am Gaumen kommt dann das wichtigste Attribut zum Tragen: Denn der „3/3“ ist überaus geschmeidig, der hohe Weizenanteil lässt ihn fast anschmiegsam am Gaumen seinen Geschmack verbreiten. Würzige Schokolade gehört hier dazu, auch getrocknetes Obst, für uns vor allem Marillen, und eine elegante Holzfass-Note. Faserschmeichler ist dieser Rogner-Whisky aber keiner; das unterstreicht der lange Nachklang. Um Einsteiger an heimischen Whisky heranzuführen, eignet sich diese Qualität bestens.
Doch bei einer mittlerweile über zwei Jahrzehnte währenden Whisky-Erfahrung versorgt man nicht nur die Einsteiger mit „Lebenswasser“. Im Gegenteil, ein richtig alter und kantiger Schluck für Kenner wartet ebenfalls auf unserem Weg durch den Bauernhof des Brenners. Denn ein „18 years“ aus mitteleuropäischer Provenienz hat nach wie vor Seltenheitswert. Es ist die älteste Altersangabe, die bis dato in Österreich auf einem Label stand. Man wird also ein wenig ehrfürchtig im Hof von Elisabeth und Hermann Rogner. Und im Falle des niederösterreichischen Whiskys „Old John“ kommt für Freunde des geräucherten Stils hinzu, dass dieser Brand nicht nur lange reifte, sondern auch mit Torfmalz gebrannt wurde. Diese Entscheidung entstand aus der Not des Hochwasserjahres 2002; nur so ließ sich das Hof-eigene Getreide überhaupt trocknen. „Da unten steht das gute Stück“, zeigt der Brenner auf die noch dazu mobile Trockenvorrichtung, der sich die Basis des „Old John“ verdankt. Der Torf stammt übrigens aus der Region, ein Vorteil des Whiskymachens im Waldviertel – nämlich aus Bad Großpertholz. Bliebe nur noch die Frage, warum denn „John“, wo es doch weit und breit keinen Johannes gibt in Roiten, ist dagegen leicht erklärt: „Das kommt von unserer alten Roggensorte, dem Johannesroggen“. Alles klar, dann Nase ins Glas!
Sofort wird der leicht medizinale Ton in der Nase bemerkbar: Selchig, wie gepoppte Schweine-Schwarte, duftet dieser außergewöhnliche Waldviertler Whisky. Die Fass-Stärke von 60,5% tut ein Übriges dazu, für weitere Intensität zu sorgen. Salzige Akzente, etwas Dörrmarille und eine feine Süße, die redlich gegen den Rauch-Geschmack ankämpft, ergänzen den Geschmack. Ewig lange ist das Finish dieses Austro-Ältesten! Wichtig in diesem Fall: Etwas Wasser kitzelt noch mehr Frucht und Komplexität aus dem Rogner-Whisky, der übrigens in einem gebrauchten Bourbon-Fass reifte. Und die Pipette dafür liefert man bei Rogner gleich mit. Denn auch da hat jeder Genießer die Wahl, mit wieviel Tropfen er seinen „Old John“ zähmen will.
Bezugsquelle:
Destillerie Rogner, „Whisky 3/3“ ist um EUR 33 (0,5 Liter-Flasche) erhältlich, den 18-jährigen „Old John“ gibt es in einer Box (0,5l Flasche plus zwei Gläser und Pipette) um 121 Euro, beide im Webshop bzw. direkt bei der Brennerei, www.destillerie-rogner.at