Unser Christkindl für 2020 ist seit gestern da. Es hat 46% Alkohol und füllt einen halben Liter. Lediglich beim Namen können wir nicht mit „Finn“ oder „Leonie“ dienen, sondern mit „AWA Blend Nr. 1“. Doch die Baby-Analogie hapert bei diesem Whisky ohnehin. Denn statt neun Monaten war er seit 2017 in der Vorbereitung. Denn es ging um nicht weniger, als Destillate aller 13 Brenner zu vereinigen, die in der Austrian Whisky Association (kurz: AWA) vereint sind. Blends zu erstellen ist an sich kein leichtes Unterfangen, schließlich will neben dem gegenwärtigen Aroma immer auch die Zukunft in Form des späteren Genusszeitpunkts mitbedacht sein. Das ist schon bei Weinen keine triviale Sache. Bei 13 Whiskies wird es noch etwas schwieriger.
Zumal die Brennereien der AWA-Mitglieder auch über Österreich verstreut sind – und somit auch die Logistik ein Thema war. Aber letztendlich trafen alle 50 Liter-Chargen, die aus insgesamt vier Brenngetreiden destilliert worden waren, bei Walter Pfanner ein. Der Vorarlberger Whisky-Brenner vollzog die „Vermählung“. Er erstellte in Lauterach den Blend und ließ ihn noch zwei Monate lang rasten, ehe er knapp vor Weihnachten in der schönen Umverpackung mit goldenen Lettern in die Welt hinaus durfte. Auch das Design – minimalistisch edel gehalten – stammt aus den Reihen der heimischen Whisky-Elite: Lava Bräu-Brenner Roman Schmidt verantwortete die graphische Seite. Insgesamt 1.350 Flaschen sind mit seinem Entwurf verfügbar – und sie schreiben durchaus Whisky-Geschichte.
Was uns beim Trinkprotokoll aber so stolz „wie Bolle“ (für unsere deutschen Leser!) macht, ist dass jede dieser Flaschen eine Kostnotiz ziert, die wir im Vorfeld verfasst hatten. Als Whisky-Connaisseur versorgte uns AWA-Präsidentin Jasmin Haider-Stadler (von der Waldviertler Whisky-Erlebniswelt J. Haider) vorab mit einer Fass-Probe des „Blend No. 1“. Mit dem nunmehr vorliegenden Ergebnis in der Flasche läßt sich ein Eindruck wiederholen. Der Gemeinschaftswhisky wurde eine äußerst würzige Angelegenheit, die den österreichischen Brennstil durchaus schön wiedergibt. Und bereits der Duft zeigt eine Reichhaltigkeit, die beachtlich ist.
Trauben-Nuss-Schokolade sowie Piment und Lebkuchen machen von Beginn weg Druck. Auch Rauhleder und geröstete Erdnüsse finden sich im komplexen Geruch, der auch eine zarte Rauchigkeit, aber eben keine Selchnoten, zeigt. Wirklich gelungen für die vielfältige Provenienz der Ausgangsdestillate ist schon der Gesamteindruck: Nichts hakt hier oder scheint nicht zu passen. Denn auch das Mundgefühl fällt schön kompakt und weich aus, was ein Erbteil des Hafer-Destillats sein könnte.
Aber bleiben wir bei den wahrnehmbaren Eindrücken; ab der Mitte geht der Whisky dann nämlich so richtig auf: Er zeigt klare Kante und legt auch bei den würzigen Noten zu. Aus der nussigen Cremigkeit entwickelt sich eine Schwarzbrot-Würze sowie etwas Earl Grey-Herbheit. Eine leichte Orangennote schwingt auch mit. Erdig und vor allem sehr lang klingt der „AWA-Blend“ aus, die feine Rauch-Note findet sich im Finish wieder und hat aromatisch das letzte Wort. Dass die limitierte Auflage sicher schnell vergriffen sein wird, darf man annehmen. Denn geschmacklich überzeugt dieser historische Austro-Blend mit Vielfalt in der Einheit. Das steht nicht auf der Flasche gedruckt, aber das ergänzen wir hier!
Bezugsquelle:
Austrian Whisky Association, „AWA Blend No.1” ist um EUR 86,- (0,5 Liter) bei allen 13 Destillerien erhältlich, online z. B. bei Lava Bräu, www.lavabraeu.at