Der erste Anruf beim Winzer war nicht so überzeugend: „Hat da wieder wer seine Ribisl-Stauden ausgerissen“, dachte Martin Mittelbach, als sich am Telefon ein Wachau-Zuzügler mit Weingarten meldete. Im konkreten Falle wurde aber ein spannender Wein daraus, denn der Anrufer hatte einen halben Hektar Neuburger im Spitzer Graben erworben – mit gut 50 Jahren alten Stöcken. Also besah sich Mittelbach, erfolgreich mit dem Tegernseerhof in Unterloiben, die Sache doch genauer.
Gregor Schmalix (kleines Bild links), Film-Produktionsleiter mit Weinbau-Ambition, überzeugte den Winzer letztlich, ihm beratend zur Seite zu stehen. Der hatte nach eigenen Aussagen zwar „kein Erfahrung mit der Sorte“ (am Weingut selbst gibt es seit 1990 keinen Neuburger), er „sprang aber rein“. Mitunter sogar wörtlich, wie sich Gregor Schmalix erinnerte, denn einigen der gut 50 Jahre alten Stöcke half nur die Radikal-Beschneidung, Marke Mittelbach – „mit der Motorsäge“. Dafür blieb der Winzer-Partner des Eigentümers hart, als es um den Lesezeitpunkt ging. Die ohnehin spät reifende Sorte kam erst in die Butt’n, wenn das Okay des Tegernseerhof-Chefs vorlag. 2013 wurde der Neuburger nach der extra-trockenen Winzer-Angabe „brav“, 2014 fiel er der dem Wetter zum Opfer und 2015 erwischte man die Trauben auf den Punkt.
Er konnte also gefüllt werden – in eine Flasche mit schmalem Etikett (ah, Wortwitz!) kam der Schmalix-Wein namens „Edition 1.0“. Für das Edel-Einwickelpapier stellte einer der gefragtesten Gegenwartskünstler Österreichs, Hubert Schmalix, seinem Neffen ein Aquarell zur Verfügung. Es wurde ein zurückhaltendes Motiv, so der Künstler, „schließlich soll es Gregor Schmalix‘ Wein sein und nicht meiner“. Trotz der kunstvollen Verpackung stand aber die Enthüllung des Inhalts im Mittelpunkt, als das Duo ihre Ko-Produktion endlich der Öffentlichkeit vorstellte. Die sollte allerdings schnell sein, denn die Menge ist äußerst begrenzt, für den bereits verarbeiteten Jahrgang 2016 verspricht Gregor Schmalix etwas mehr als die aktuell noch verfügbaren 300 Flaschen.
Die nicht gerade geschätzte Sorte wurde von Martin Mittelbach jedenfalls auf „athletisch“ getrimmt, dem „personal trainer“ für den Spitzer Graben sind breite Weine nämlich ein Graus. Und so hat der mit 13% Alkohol als „Smaragd“ gemäß der Klassifikation der Vinea Wachau geltende Wein zwar satte Aromen, aber auch eine schöne Zugänglichkeit aufzuweisen: Reife Fruchtnase mit Mango und Pfirsich-Joghurt, dazu auch etwas grüne Banane, lautete das Ergebnis des ersten Beschnupperns der Rarität. Gibt man ihm mehr Luft oder ein größeres Glas, kommt auch die sortentypische Papiernuss deutlicher durch. Saftig und balanciert wirkt der Schmalix-Wein am Gaumen. Wieder ist da viel Steinobst, um das sich cremig ein Ton wie vom Bahlsen-Nusskeks schmiert. Weiße Schokolade und heller Tabak irrlichtern um den Fruchtkern aus Nektarine und Ringlotte, im Finish kommt dann auch ein frischer, leicht mineralischer Zug durch.
Zweifellos wird sich hier mit der Flaschenreife auch noch einiges verändern, das zeigte schon unser Schütt-Versuch in andere Kostgläser zur Bracchial-Belüftung. Im Blindtest jedenfalls dürfte der Schmalix-Neuburger ein harte Nuss sein, selten kennt man Neuburger so. Aber bei der Blindverkostung sähe ja keiner das Wickelgewand, das schon beträchtlich zur Vor-Lust beiträgt.
Bezugsquelle:
Tegernseerhof/Gregor Schmalix, Neuburger „Schmalix Edition 1.0“ ist um EUR 24 bei Wein & Co. erhältlich, www.weinco.at