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Barolo-Jahr 2009 – für Einsteiger und Fortgeschrittene

Seit Plinius dem Älteren und seiner „Naturalis historia“ kennt man die Nebbiolo-Traube. Mit Facts wie diesem umrahmte die Accademia del Barolo ihre Verkostung des aktuellen Jahrgangs 2009. Der zeigte sich vielfach mit bretterhartem Tannin, aus einigen der 11 für die DOCG-Bezeichnung Barolo zugelassenen Orten des Piemonts kam aber bereits Beachtliches, das man mit einem sehr groß geschriebenen Konjunktiv bereits jetzt trinken könnte (aber noch Geduld haben sollte).

„Barolo ist kein Beginner-Wein“, warnte Winzer Michele Gagliardo. Wer dennoch eine Art Einsteiger-Barolo sucht, ist wohl mit dem „Monfalletto“ aus dem Hause Cordero di Montezemolo gut bedient. Der Name sollte Ferrari-Fans geläufig sein, Signore Luca lässt zwar Autos bauen und schimpfte Berlusconi, Wein keltert aber nicht er. Der preiswerteste Wein der Probe polarisierte, weil er schon in der Jugend sehr schmeicheln ins Glas kam.

Süßliche Noten wie Schokobrownie und Zwetschken-Röster im Duft werden von edelsüßem Paprika und einem Hauch grüner Würzkräuter begleitet. Auch am Gaumen wiederholt er dieses Spiel. Saftige Zwetschkenfrucht paart sich mit dem Aroma von Thymian und Majoran, insgesamt fällt seine elegante Zurückhaltung auf, vor allem, was das Tannin betrifft. Beinahe jetzt schon sehr zugänglich ließ das die „Barolisti“ ein wenig skeptisch werden, was das Potential zum Lagern betrifft.

Das wiederum bringt der von Pio Cesare vorgelegte 2009er mit. Als letzter Winzer direkt am Hauptplatz von Alba situiert (bei Firmengründung 1881 befand sich da der Trauben-Markt), servierte man mit dem „Ornato“ einen zu 70% im Barrique und 30% im großen Holzfass ausgebauten Barolo. Dessen leicht süße Nase erinnert an Rumtopf und intensiven Waldhonig, von der Fruchtseite macht sich besonders die Erdbeere bemerkbar. Sie lässt sich auch am Gaumen aus diesem dichten und vollmundigen Wein herausschmecken, dazu kommen Heidelbeere und Kornellkirsche. Tinte und Graphit gegen Ende lassen den „Ornato“ im Mund immer mehr werden, ehe er elegant ausklingt. Hier wartet ganz großes Potential für die kommenden Jahre!

Der schlaue Franco Martinetti (Foto), der ein wenig aussieht wie der Schriftsteller Pier Paolo Pasolini in seinen späten Jahren, hatte einen 2008er mit, ein Jahrgang, der als insgesamt eleganter Franco Martinetti (c)Del Fabroals das Gerbstoff-reiche Jahr 2009 gilt. Die Namensgebung erklärte er mit dem Weichsel-Geschmack dieser Lage, allerdings sei die „Marasca“-Kirsche im Italienischen feminin, der Barolo aber ein grammatisches Manderl. Ergo taufte er den Wein „Marasco“, womit er auch männlich ins Glas darf. Neben der Weichsel ist im Duft Macis, getrocknete Rose, aber auch viel Kakao und Schokokuchen zu finden. Der Weichsel-Erdbeer-Mix im ersten Schluck wird begleitet von zarter Rumrosine, überaus reif wirkt diese Aromatik, ehe er im Abgang in Richtung herber Noten wie Wacholder und Pastinake dreht. Der Tiefgang der 40 Jahre alten Reben äußert sich nicht nur darin, sondern auch in beachtlicher Länge.

Bezugsquelle: Cordero di Montezemolo, „Monfalletto“ 2009, um EUR 37,20, Pio Cesare „Ornato“ 2009 um EUR 85,60 und Franco Martinettis „Marasco“ 2008 um EUR 50,40 bei Del Fabro erhältlich, www.delfabro.at

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